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Update

Zweite Liga: Union verliert dramatisches Spiel bei St. Pauli

St. Pauli und Union liefern sich am Millerntor ein denkwürdiges Fußballspiel. Denkwürdig vor allem deshalb, weil Marius Ebbers innerhalb von zehn Minuten vom tragischen zum glücklichen Fairplay-Helden wird.

Am Millerntor waren 80 Minuten vorbei, als Schiedsrichter Tobias Welz St. Paulis Stürmer Marius Ebbers eine Frage stellte, die über Aufstieg oder Nichtaufstieg hätte entscheiden können. Ebbers hatte gerade das vermeintliche 2:1 für seine Mannschaft geköpft, dabei jedoch die linke Hand zu Hilfe genommen. Der Unparteiische hatte die Szene nicht gesehen, auch seinem Assistenten an der Linie war die Sicht versperrt. Einige Spieler von Union hingegen wussten es ganz genau. Sie bedrängten Ebbers und appellierten an dessen Sportsgeist. Welz redete eindringlich auf Ebbers ein und der tat etwas, was im Fußball von heute Seltenheitswert besitzt: Er gab das Handspiel zu, der Treffer zählte nicht. Den Dank von Unions Spielern im Anschluss an die Entscheidung wollte er aber nicht auch noch annehmen und entwand sich den Umarmungsversuchen schnellstmöglich. Am Ende durfte sich Marius Ebbers doppelt freuen: Über sein gezeigtes Fairplay und den 2:1-Sieg des FC St. Pauli. Denn vor 24.487 Zuschauern im ausverkauften Millerntorstadion erlöste Fin Bartels den Mitspieler mit seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit - und sorgte damit für einen gerechten Ausgang in einem emotionalen Spiel.

"Ich habe mit beiden Körperteilen den Ball berührt. Ich habe lange überlegt, was ich sage. Ich werde mich dafür nicht feiern lassen", meinte Ebbers. Sein Trainer André Schubert hingegen wurde deutlicher und sprach von "einem Sieg für den Fairplay-Gedanken".

Dabei hatte es nach einem Sieg für St. Pauli – in welcher Form auch immer – eine Halbzeit lang überhaupt nicht ausgesehen. Unions Trainer Uwe Neuhaus überraschte vor dem Anpfiff mit seiner Aufstellung. Obwohl Union mit Patrick Kohlmann, Christian Stuff, Christopher Quiring und Silvio gleich vier Stammspieler wegen Verletzungen nicht zur Verfügung standen, saß Torsten Mattuschka zunächst nur auf der Bank. Daniel Göhlert lief als Kapitän auf, Belaid auf der Position hinter den Spitzen. In der Abwehr gab Maurice Trapp auf der Linksverteidigerposition sein Startelf-Debüt.

Vermisst wurde Mattuschka aber in der ersten Halbzeit kaum. Belaid und Ede zogen im offensiven Mittelfeld geschickt die Fäden, dahinter sicherten Jerome Polenz und Markus Karl ab und erstickten den Spielaufbau der Hamburger oft schon im Ansatz. Nach sechs Minuten hatte Simon Terodde die erste gute Chance für die Köpenicker, schoss den Ball freistehend aus sechs Metern aber Philipp Tschauner direkt in die Arme. Terodde, der am Montag einen Vertrag bis Sommer 2015 bei Union unterschrieben hatte, beschäftigte die gegnerische Abwehr immer wieder. Oft schirmte er den Ball dabei geschickt ab, verteilte ihn mal nach links und mal nach rechts, um dann selbst im Zentrum wieder als Anspielstation zur Verfügung zu stehen. So boten sich ihm in der 23. und 43. Minute zwei weitere Schussgelegenheiten, die er allerdings vergab.

Von St. Pauli war lange kaum etwas zu sehen. Die Hamburger, die immerhin noch den Relegationsrang anstreben, wirkten nervös. Spielerisch ging wenig zusammen, auch die Standards brachten keine Gefahr. Trotzdem hatten Max Kruse und Deniz Naki nach gut einer Viertelstunde zwei Möglichkeiten, ihre Mannschaft in Führung zu schießen. Doch zunächst scheiterte Kruse aus kurzer Distanz am gut reagierenden Jan Glinker, dann verzog Naki in aussichtsreicher Position rechts am Fünfmeterraum einen Schuss am langen Eck vorbei.

Union machte es in in der 32. Minute besser. Nach einem Eckball von Belaid übersprang Markus Karl den Hamburger Moritz Volz und köpfte zur Führung ins Tor. Den Eckball hatte sich Karl zuvor mit einem gefährlich abgefälschten Schuss selbst erarbeitet. Unmittelbar danach hatte erneut Naki die Möglichkeit auszugleichen, nach Kopfballvorlage von Marius Ebbers setzte er seinen Schuss allerdings am rechten Dreiangel vorbei. So ging es mit einem verdienten 1:0 für die Berliner in die Kabinen.

St. Pauli begann den zweiten Durchgang engagierter, wirklich planvoll verlief das Anrennen aber zunächst nicht. Nach einem abgefälschten Schuss von Naki hatten die Zuschauer erstmals den Torschrei auf den Lippen, Glinker konnte aber noch geradeso klären. Nach 59 Minuten war es aber soweit. Kruse zog vom rechten Flügel zur Mitte und mit links flach ab. Der Ball rutschte durch die Beine von Terodde, der die Bahn noch leicht veränderte und seinem Torwart keine Abwehrchance ließ.

Uwe Neuhaus reagierte und brachte Mattuschka für Polenz ins Spiel, doch kurz danach musste der Berliner Trainer noch einmal handeln, weil Maurice Trapps erstes Spiel von Beginn an vorzeitig endete. Für ein Foul am auf dem Flügel durchgebrochenen Fin Bartels sah der 20-Jährige die Gelb-Rote Karte. Die restlichen 30 Minuten musste Union in Unterzahl überstehen. Neuhaus wechselte nun Menz für Belaid ein, doch St. Pauli stürmte angefeuert von den Fans nun mit dem Mute der Verzweiflung. Nach einem Freistoß vor Unions Tor sprang Göhlert der Ball im Fallen an die Hand - der Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Tobias Welz blieb jedoch aus. Mattuschka hätte Union in Unterzahl dann beinahe sogar wieder in Führung bringen können, scheiterte aber aus 18 Metern mit einem Rechtsschuss an Tschauner. Dennoch: Die Ordnung war nun bei den Berlinern nun aus dem Spiel, die letzten 20 Minuten gerieten zur Abwehrschlacht - die sie am Ende trotz Ebbers' Sportsgeist und der Unterstützung von Latte und Pfosten nicht gewinnen sollten, weil Fin Bartels in beinahe letzter Sekunde nach einer Flanke völlig frei das 2:1 erzielte. (Tsp)

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