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Sport: Zweiter auf hohem Niveau

Torben Wosik verliert das Finale der Tischtennis-Europameisterschaft gegen Samsonow

Berlin. Torben Wosik hat alles versucht. Er hat gekämpft und aggressiv gespielt, wie er es sich vorgenommen hatte. Nur, eine reelle Chance besaß der 29-Jährige gegen den Weißrussen Wladimir Samsonow im Finale der Tischtennis-Europameisterschaften in Courmayeur nie. Immer, wenn es knapp zu werden drohte, konnte der Sechste der Weltrangliste noch zulegen und gewann letztlich verdient mit 4:0 (11:7, 12:10, 12:10, 11:3) Sätzen seinen zweiten EM- Titel nach 1998.

Am Ende waren aber beide Finalisten zufrieden. Samsonow, der als einziger Spieler im gesamten Turnier ungeschlagen geblieben war und im Einzel insgesamt nur zwei Sätze abgegeben hatte, freute sich auf seine Art: still und zurückhaltend. „Ich bin sehr stolz“, sagt der 26-Jährige. Aber auch Wosik machte kein trauriges Gesicht. „So, wie ich gespielt habe, bin ich beeindruckt von mir“, sagt der Deutsche, „ich werde mich mein ganzes Leben lang daran erinnern.“

Und das zu Recht. Denn die Endspielteilnahme im Einzel ist Wosiks größter Erfolg in seiner Karriere. Seit seinem ersten Platz bei den Jugend-Europameisterschaften 1990 galt der Rechtshänder, der Tischtennis allerdings mit der linken Hand spielt, als ewiges Talent. Zugetraut hatten dem Deutschen Meister von 1999 diesen Siegeszug bis ins Endspiel deshalb die wenigsten. Zumal er im Vergleich mit seinem Teamkollegen Jörg Roßkopf und dem Weltranglisten-Ersten Timo Boll, die beide Dritte wurden, die vermeintlich schwerere Auslosung hatte.

Mit seinem gefühlvollen und durchdachten, aber eher weichen Spiel setzte sich Wosik gegen den Weltranglisten-Zehnten Zoran Primorac (4:3) aus Kroatien und den ehemaligen französischen Weltmeister Jean-Philippe Gatien (4:1) durch, bevor er in der Vorschlussrunde gegen seinen Freund Jörg Roßkopf durch ein 4:2 das Endspiel erreichte. „Diese EM war für mich wie ein Traum, daran kann auch das verlorene Finale nichts mehr ändern“, sagt Wosik, der auf in der Weltrangliste auf Position 37 notiert ist.

Mit dem zweiten Platz führt Torben, den seine Kollegen nur „Turbo“ nennen, die Familientradition seines 15 Jahre älteren Bruders Ralf fort – allerdings auf höherem Niveau. Der ehemalige Nationalspieler konnte nie ein bedeutendes Endspiel gewinnen (vier Mal deutscher Vize-Meister). Wenn es eng wurde, versagten Ralf Wosiks Nerven. Doch da ist Torben einen entscheidenden Schritt weiter. Nicht nur, dass sich der beim TTC Frickenhausen spielende Wosik schnell an das etwas veränderte Sprungverhalten des Balles in 1200 Meter Höhe – so hoch liegt Courmayeur – gewöhnen konnte, „entscheidender war der Kopf. Ich bin ruhiger und cleverer geworden“, sagt der Ehemann von Mannschaftskollegin Elke Wosik, die, wie das gesamte Damen-Team, bei dieser EM nicht überzeugen konnte.

Dennoch zeigten sich die Verantwortlichen beim Deutschen-Tischtennis-Bund (DTTB) durch die drei Halbfinal-Teilnahmen der Herren zufrieden – auch wenn der DTTB erstmals seit 1994 ohne Gold geblieben ist. „Das ist ein Traum-Ergebnis, auch wenn wir unsere ehrgeizigen Ziele mit einem Herren-Titel und einer Medaille für die Frauen verfehlt haben“, sagt Cheftrainer Dirk Schimmelpfennig.

Neben Torben Wosik war es vor allem Jörg Roßkopf, der nach 14-monatiger Verletzungspause mit dem dritten Platz überzeugen konnte und wieder an die europäische Spitze zurückkehrte . „Diese Bronzemedaille ist mir mehr wert als viele andere“, sagte der 33-Jährige, und Schimmelpfennig verkündete tief bewegt: „Meine Tochter ist erst 14 Monate alt, aber das ist sicher eines der schönsten Märchen, das ich ihr erzählen kann.“

Ein anderes Märchen, das er ihr auch erzählen könnte, geht so: 1993 kam ein kränklich aussehender, schlaksiger 16-Jähriger aus Weißrussland auf Einladung des DTTB nach Deutschland. Dort reifte das große Talent zum absoluten Spitzenspieler. Sein Name: Wladimir Samsonow.

Jörg Petrasch

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