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Sport: Zweiter Klasse

Die Finanznot im Deutschen Sportbund wird immer deutlicher – elf Mitarbeiter gehen in Altersteilzeit

Berlin - Lothar Pietsch wird nicht mehr erster Klasse durch Deutschland reisen. Der Betriebsratsvorsitzende des Deutschen Sportbundes (DSB) will auf diese Weise beim Bahnfahren und Fliegen seinem Arbeitgeber ein paar Ausgaben ersparen. „Wir haben etwa 70 Mitarbeiter und Referenten, die permanent unterwegs sind“, sagt Pietsch. „Angesichts unserer Finanzlage sollten wir uns alle abgewöhnen, aus Repräsentanzgründen in der ersten Klasse zu sitzen.“

Die Finanzprobleme des DSB werden immer deutlicher. Schatzmeister Rolf Wallenhorst hatte vor zwei Wochen im Tagesspiegel erstmals ein strukturelles Defizit von zwei Millionen Euro für das kommende Jahr eingeräumt. Im Präsidium soll sogar von einer drohenden Insolvenz des Verbandes, der sich um den Breitensport und die Ausbildung von Spitzenathleten kümmert, die Rede gewesen sein. Die Spardebatte belastet mehr und mehr die angestrebte Fusion mit dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK), über die heute und morgen beim DSB- Bundestag in Bremen beraten wird. Betriebsrat Pietsch ist verunsichert nach Bremen gereist: „Bei uns haben alle Angst.“

Seit Wochen verhandelt die Verbandsspitze mit dem Betriebsrat über ein Sanierungsprogramm. Nach Aussage von Schatzmeister Wallenhorst werden die vorhandenen 130 Stellen – inklusive Sportjugend – bis 2006 auf 110 Stellen reduziert. „Wir reden jetzt mit Kollegen und bitten sie, das Haus eher zu verlassen“, berichtet Pietsch. „Elf Mitarbeiter haben schon Anträge auf Altersteilzeit gestellt.“ Zudem müssten jüngere Angestellte mit einem geringeren Anfangseinkommen rechnen. „Wir hoffen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden“, sagt Pietsch.

Im Zuge des Sanierungsprogramms werden beim DSB wohl ganze Abteilungen geschlossen. So werden die Aufgaben des Bereiches Internationales auf andere Abteilungen verteilt. Weitere Tätigkeiten sollen ausgelagert werden. Die Sachbearbeiterin, die bislang die Gehaltsabrechnungen erstellt, wird in Altersteilzeit gehen. Ihre Aufgaben soll nach Angaben des Betriebsrates eine Agentur übernehmen. Ebenfalls zur Disposition stehen die Mitarbeiter in der Poststelle und in der Druckerei, in der bislang die Broschüren des DSB gefertigt wurden.

Ein Diskussionsthema, das in den vergangenen Wochen viel Aufregung im Haus des Deutschen Sports in Frankfurt am Main ausgelöst hatte, war eine eventuelle Streichung des Weihnachtsgeldes. Auf zwei Betriebsversammlungen wurde mit den Mitarbeitern darüber geredet; nach massiven Protesten des Betriebsrats gegenüber DSB-Generalsekretär Andreas Eichler wird es nun doch ausgezahlt. Eichler drängt jetzt darauf, mit weiteren Personaleinsparungen das Defizit zu beseitigen. „Wir sind weder insolvent noch überschuldet“, sagte Eichler vor wenigen Tagen. „ Aber wir müssen uns aus der Kosten-Falle zu befreien.“

Das größte strukturelle Problem sind die weggebrochenen Einnahmen. „Wegen des Rückgangs der Glücksspirale mussten wir deutliche Einsparungen beschließen“, sagt DSB-Präsident Manfred von Richthofen. Nach internen Berechnungen im Vorstand gehen die Erlöse der Lotterie allein in diesem Jahr um zehn Prozent zurück. Zudem hat das NOK seinen traditionellen Zuschuss an den Sportbund von 154 000 Euro zum Ende des Jahres gekündigt.

Viele Mitarbeiter fühlen sich von solchen Zahlen überrascht. „Es ist mir unbegreiflich, dass jetzt plötzlich ein Finanzloch auftaucht“, sagt Betriebsrat Pietsch. Die Ausfälle durch die Glücksspirale hätte der Vorstand früher hochrechnen müssen. „In einem Privathaushalt muss ich auch auf Vorrat wirtschaften und für mögliche Ausfälle vorsorgen.“

Bereits im Herbst hatte es erste Gerüchte über die schwierige Finanzlage beim Deutschen Sportbund gegeben. Darauf angesprochen, hatte Manfred von Richthofen im September gesagt: „Wir wirtschaften sauber und ordentlich – und das sogar mit schwarzen Zahlen.“

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