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Herthas Pierre-Michel Lasogga.

© dapd

Zweitrunden-Fluch: Kann Hertha Pokal lernen?

Hertha BSC spielt bei Rot-Weiss Essen auch gegen den Zweitrunden-Fluch an.

Pierre-Michael Lasogga ist nicht nur ein Kind des Ruhrgebiets, der Stürmer von Hertha BSC ist auch fußballerisch im Pott sozialisiert worden. Für drei Vereine aus dem Revier hat er in der Jugend gespielt, für Schalke 04, Rot-Weiss Essen und Wattenscheid 09. Vor allem die Zeit in Essen war eine prägende, auch wenn Lasogga nur eine Saison an der Hafenstraße blieb. „Das ist ein richtiger Arbeiterklub. Da war alles so, wie man sich den Ruhrpott vorstellt“, sagt der 19-Jährige über RWE. „Wir haben schön auf Asche trainiert.“ Geschadet hat ihm diese Erfahrung offensichtlich nicht. „Man muss auch mal durch so was durch“, sagt Lasogga.

Man muss auch mal durch so was durch – das gilt auch für den heutigen Abend, wenn Pierre-Michel Lasogga mit Hertha in der zweiten Runde des DFB-Pokals (19 Uhr, live bei Sky) im Georg-Melches- Stadion auf Rot-Weiss Essen trifft. Auf den ersten Blick hätte es den Fußball-Bundesligisten aus Berlin schlimmer treffen können. RWE ist erst im Sommer aus der fünftklassigen NRW-Liga in die Regionalliga West aufgestiegen, spielt fast mit der identischen Mannschaft wie in der Vorsaison und ist nach sechs Spielen ohne Sieg auf den viertletzten Tabellenplatz abgestürzt. „Wenn Hertha uns ernst nimmt und alles normal läuft, kann das sehr deutlich werden“, sagt Trainer Waldemar Wrobel.

Aber es gibt eben auch noch ein Moment, dessen Einfluss schwer zu taxieren ist – und das die Berliner eher fürchten müssen als die Essener. Es ist dieses besondere Pokalflair, das sich heute Abend noch mit der Leidenschaft des Ruhrgebiets für den Fußball im Allgemeinen und der Hingabe der Essener für ihren Klub im Besonderen mischen wird. Das Georg-Melches- Stadion „ist eine kleine Festung für die“, sagt Pierre-Michel Lasogga. „Die machen da richtig Terz.“

Es ist gut möglich, dass am Ende die Malochermentalität über Ausscheiden oder Weiterkommen entscheiden wird. „Wenn wir so spielen wie am Wochenende gegen Mainz, kriegen wir ein Riesenproblem“, sagt jedenfalls Herthas Trainer Markus Babbel. Immerhin hat RWE in der ersten Runde den Berliner Zweitligisten Union im Elfmeterschießen ausgeschaltet. „Wenn Hertha uns nicht ernst nehmen sollte, haben wir vielleicht die Möglichkeit, sie in eine gewisse Lethargie zu spielen“, sagt Essens Trainer Wrobel. „Wenn sie uns dann eine Chance geben, werden wir da sein.“

Babbel sagt: „Diese Arroganz haben wir nicht.“ Hertha hat den unterklassigen Gegner genauso intensiv erforscht wie die Widersacher aus der Bundesliga. Die jüngste Serie von vier Niederlagen lässt bei RWE zwar auf eine verlässliche Krise schließen, beim jüngsten 0:2 gegen den Tabellenführer Lotte aber haben die Essener laut Babbel gezeigt, „dass sie sich gegen solche Mannschaften straffen und über ihren Verhältnissen spielen können“.

Für Hertha geht es nicht nur um den Einzug in die dritte Runde des DFB-Pokals und damit um eine garantierte Einnahme von knapp 600 000 Euro; es geht auch um einen Sieg über die eigene Geschichte. Die Berliner sind zuletzt vier Mal hintereinander in der zweiten Runde des Wettbewerbs ausgeschieden, außer gegen Dortmund immer gegen klassentiefere Mannschaften (Wuppertal, 1860 München und Koblenz).

Weil die Berliner im Pokal inzwischen „eine lange Leidenszeit“ hinter sich haben, wie Pierre-Michel Lasogga sagt, war es eine große Überraschung, als Markus Babbel im Sommer neben dem Klassenerhalt in der Bundesliga auch den Erfolg im DFB-Pokal als Saisonziel ausgegeben hat. Für den Trainer der Berliner gibt es keinen Grund, von dieser Vorgabe abzurücken. „Wenn man teilnimmt, will man auch gewinnen“, sagt Babbel. Die Frage ist, ob er auch seinen Spielern diese Überzeugung vermitteln kann, ob sie sich das Ziel ihres Trainers zu eigen machen. Oder anders ausgedrückt: Kann selbst Hertha Pokal lernen?

„Wir denken genauso wie der Trainer“, sagt Lasogga. Das Spiel in Essen könnte sich für Hertha als wichtige Zwischenprüfung erweisen. Auch wenn Babbel die Atmosphäre an der Hafenstraße „nur vom Hörensagen“ kennt, weiß er, dass Hertha ein aufregender Abend bevorsteht. „Aber das sollte uns nicht allzu sehr beeindrucken“, sagt Markus Babbel. „Bei unserer Pokalhistorie sind wir die Letzten, die sich das erlauben dürfen.“

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