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Hinten schwach. Im letzten Testspiel unterlagen die Deutschen Ungarn.Foto: dapd

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Sport: Zwischen Hoffnung und Ernüchterung

Vor der Handball-EM rätselt die Nationalmannschaft über die eigene Stärke.

Nur Sekunden waren noch auf der Uhr, als Patrick Wiencek den Linksaußen Uwe Gensheimer schickte. Gensheimer täuschte einen Wurf an, passte aber mit der Rückhand zurück auf Wiencek, und der jagte den Ball mit dem Halbzeitpfiff in den linken Winkel. Nach dem Kunststück johlten die 7050 Fans in der ausverkauften Magdeburger Arena, obwohl das Tor nur das 11:13 bedeutete. Im letzten Testspiel vor der Europameisterschaft in Serbien steigerte sich die zuvor lethargische Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nach diesem Weckruf in der zweiten Halbzeit – und verlor dennoch mit 21:22 gegen Ungarn. Bester deutscher Spieler war Torhüter Carsten Lichtlein, der den schwachen Silvio Heinevetter in der 23. Minute abgelöst hatte.

Am Samstag hatte das Team von Martin Heuberger in Bremen noch mit 36:33 gewonnen, aufgrund der vielen Defizite aber fiel das Fazit des neuen Bundestrainers keineswegs euphorisch aus: „Wir haben einen Schritt getan, mehr nicht.“ Ihm ist bewusst, dass sein Team keineswegs zu den EM-Favoriten zählt. „Man kann einiges von uns erwarten, wenn wir diszipliniert spielen, aber gewiss nicht den Titel.“

Vor dem Wochenende hatte Heuberger ein düsteres Szenario gedroht. Bei seinem Debüt hatte er bereits drei Niederlagen beim Supercup einstecken müssen, und so war ein Erfolg in den Testspielen gegen Ungarn nötig, um nicht als siegloser Bundestrainer zur EM zu fahren. Entsprechend erleichtert fiel seine Reaktion nach dem Spiel am Samstag aus. „Jetzt kann ich’s ja sagen: Die drei Niederlagen haben gezehrt“, sagte Heuberger. „Dieser Sieg war wichtig für mich, aber noch wichtiger für das Team.“ Der 47-Jährige neigt ebenso wenig wie sein Vorgänger Heiner Brand zu Gefühlsausbrüchen.

Das, was die Mannschaft um Kapitän Pascal Hens in den beiden vergangenen Testpartien gegen Ungarn bot, macht einerseits Hoffnungen. Denn der Mannschaftsteil, der zuletzt zum Zusammenbruch des deutschen Spiels geführt hatte, die Offensive, zeigte gute Ansätze und überraschte den Gegner mit neuen taktischen Konzepten. „Die Deutschen haben im Angriff sehr kreativ gespielt“, sagte der Ungar Tamas Mocsai, „wenn sie so spielen, zählen sie zu besten Teams der Welt.“

So vielversprechend diese Ansätze am Samstag waren, so ernüchternd war der Auftritt andererseits am Sonntag in Magdeburg. Hier präsentierte sich die Mannschaft so ideenlos und planlos wie bei der WM in Schweden. Die 6:0-Defensive, das einstige Prunkstück des deutschen Spiels, zerbröselte allzu häufig gegen den ungarischen Rückraum, der gewiss nicht zum Exklusivsten zählt, was der Welthandball zu bieten hat. „Die Abstimmung im Innenblock hat noch etwas gefehlt“, monierte Heuberger, „das gehört noch zu unseren Baustellen.“ Am Sonntag war die Abwehr immerhin in der Lage, in der zweiten Halbzeit 13 Minuten ohne Gegentor zu bleiben. Zum zweiten Sieg unter Heuberger aber reichte selbst nicht, weil die Offensive am Ende darniederlag.

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