zum Hauptinhalt

Sport: Zwischen Missmanagement und Müdigkeit

In genau einem halben Jahr, am 15. September 2000, werden die Olympischen Sommerspiele von Sydney in der gigantischen 110 000 Zuschauer fassenden Arena mit der Ankunft eines "Raumschiffs" eröffnet.

In genau einem halben Jahr, am 15. September 2000, werden die Olympischen Sommerspiele von Sydney in der gigantischen 110 000 Zuschauer fassenden Arena mit der Ankunft eines "Raumschiffs" eröffnet. Auf dem Weg zum größten Ereignis in der Geschichte Australiens hat Sydney bislang nahezu alle möglichen irdischen Skandale, Krisen und Pannen erlebt. Dem grenzenlosen Jubel, der ausbrach, als Sydney die Spiele erhielt, ist längst kühle Zurückhaltung gefolgt.

Nach einer am Dienstag veröffentlichten Meinungsumfrage planen nur 23 Prozent aller Einwohner Sydneys, die Spiele in ihrer eigenen Stadt zu besuchen. Viele Befragte gaben an, sie hätten wegen des "Kartenskandals" keine Tickets gekauft. Ende vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass in besonders beliebten Sportarten kaum Eintrittskarten für die breite Öffentlichkeit zur Verfügung standen, während das Organisationskomitee SOCOG gleichzeitig unter der Hand teure Tickets an reiche Personen und Klubs verkaufte. Probleme gibt es auch rund um die Sportstätten, die Negativ-Nachrichten rund um die Homebush Bay reißen nicht ab. Australiens Leichtathleten fordern wegen der Windanfälligkeit Veränderungen am größten und teuersten (fast eine Milliarde Mark) Olympiastadion der Geschichte. Arbeiter traten beim Ausbau der Haupttribüne am Schwimmstadion in den Streik und wiesen damit auf eine Fehlplanung der Architekten und das damit verbundene Einsturzrisiko hin.

Hiobsbotschaften aus Sydney drangen schon 1997 in die Welt. Damals schreckte ein Dioxin-Skandal auf, denn bis 1978 hatte eine Pestizid-Fabrik ihren Giftmüll genau dort abgelagert, wo später das Zentrum der Spiele entstand. 60 Mal höhere Werte wurden gemessen als bei der Dioxin-Katastrophe 1976 im italienischen Seveso. Wie viel von dem Gift mittlerweile beseitigt ist, wissen nicht einmal die olympischen Götter. Auch die Demonstranten von Greenpeace konnten dies am Sitz des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne nicht erfahren.

Das IOC wurde indes wegen ganz anders gelagerter Probleme zum Kritiker des Organisationskomitees SOCOG unter dem umstrittenen Präsidenten und Olympiaminister Michael Knight. Dieses verspielte durch Missmanagement auf dem Marketingsektor viel Kredit bei potenziellen Sponsoren. Fehlkalkulationen im Ticketbereich und die üblichen Kostensteigerungen führten dazu, dass im 3,5-Milliarden-Mark-Etat von Sydney zuletzt ein Loch von 250 Millionen klaffte. Dieses soll durch Einsparungen von fast 95 Millionen Mark und eine Art "Olympia-Notopfer" geschlossen werden, für das sich IOC und politische Ebenen in Australien stark machen.

Einiges an Kredit verloren die Organisatoren der Olympischen Sommerspiele auch, als im Zuge des IOC-Bestechungsskandals um Salt Lake City bekannt wurde, dass die Australier vor der Wahl durch das IOC den Hauptkonkurrenten Peking (45:43 Stimmen) auch durch großzügige Spenden an afrikanische NOKs ausgestochen hatten. Das australische IOC-Mitglied Phil Coles wurde wegen Bestechlichkeit "strengstens verwarnt" und musste seinen SOCOG-Posten räumen.

Zur Startseite