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Hoffnung: Auf dieser SC-Tribüne des Neubaus soll ab nächster Saison gejubelt werden.

© Patrick Seeger/dpa

Zwischen Schwarzwald-Stadion und Neubau: Die Posse um das neue Stadion des SC Freiburg

Seit Jahren wartet der SC Freiburg auf eine neue Arena. Doch die Behörden übertreffen sich mit Kuriositäten. Das nimmt selbst Stürmer Nils Petersen mit.

Der SC Freiburg hat in der Bundesliga einen besonderen Stellenwert. Das liegt nicht nur daran, dass er nach zehn Spielen bereits sensationelle 18 Punkte geholt hat und wieder mal die Konkurrenz überrascht, sondern an Trainer Christian Streich, der branchenunüblich schon seit nunmehr acht Jahren auf der Bank sitzt - so lange wie kein anderer Bundesliga-Coach. Was den Verein zusätzlich einzigartig macht, ist das kleine Schwarzwald-Stadion.

Am Sonntag, wenn Eintracht Frankfurt zu Besuch kommt (18 Uhr/live bei Sky), wird wieder auf dem zu kurzen Platz gespielt. Statt der normalen 105 Meter misst der Platz des SCF nur 100,5 Meter. Die Freiburger dürfen dennoch spielen, weil sie jede Saison eine Ausnahmegenehmigung von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bekommen. Doch damit soll bald Schluss sein. Ab der nächsten Saison 2020/21 wollen die Breisgauer ihre Spiele im neuen Stadion im Wolfswinkel im Westen der Stadt austragen. Eigentlich. Denn noch ist nicht klar, ob es wirklich so kommt. Aus den Plänen ist nämlich eine einzigartige Behörden-Posse geworden. Aber der Reihe nach.

Ein neues Stadion, das nur samstags genutzt werden kann?

Zwar bekam der Verein nach jahrelangem Kampf im Jahr 2018 endlich die Baugenehmigung des Regierungspräsidiums der Stadt, nachdem sich in einer Bürgerentscheids-Abstimmung vor mehr als vier Jahren von rund 170.000  Freiburgern gut die Hälfte für eine neue Spielstätte ausgesprochen hatten. Doch die Freude hielt nicht lange. Mehrere Anwohner legten wegen des Lärms eine Klage im Eilverfahren ein, die das Bauvorhaben stoppen sollte. Das Verwaltungsgericht Freiburg lehnte diese ab, der Verwaltungsgerichtshof (VGH) gab den Beschwerden danach allerdings teilweise statt.

Und damit fingen die Kuriositäten erst an: Der VGH fasste im Oktober einen nicht anfechtbaren Beschluss, nach dem aus Lärmschutzgründen keine Spiele an Abenden sowie sonntags zwischen 13 Uhr und 15 Uhr stattfinden könnten. Das hätte bedeutet, dass der SCF für diese Spielansetzungen wieder ins Schwarzwald-Stadion hätte ziehen müssen. Weil danach aber herauskam, dass das Verwaltungsgericht wohl eine falsche und veraltete Verordnung angewendet hatte, geht der Fall nun in die nächste Runde. Regierungspräsidium und die Stadiongesellschaft gehen jetzt mit einer sogenannten Anhörungsrüge dagegen vor.

In Artikel 103 des Grundgesetzes heißt es: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“ Und genau das wurde von den Freiburgern in Anspruch genommen. Matthias Hettich, der Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, sagte dem Tagesspiegel: „Inzwischen ist die Anhörungsrüge eingetroffen. Die Gegenseite bekommt das nun zur Erwiderung. Danach wird über die Anhörungsrüge entschieden.“

Und damit auch über die Zukunft des SC Freiburg. Mit einem neuen Stadion kann der Verein mehr Gewinn machen und seinen Umsatz steigern. Zudem passen statt bisher 24.000 dann zehntausend Zuschauer mehr in die neue Spielstätte. Die Baukosten sollen sich auf rund 76 Millionen belaufen.

Das Vorhaben beschäftigt die Stadt seit Jahren. Das geht natürlich auch an den Spielern nicht vorbei. Freiburgs Stürmer-Star Nils Petersen sagte dem Tagesspiegel: „Damals habe ich auch für das neue Stadion gestimmt, ohne zu wissen, dass man dann ein geliebtes Stück Heimat-Fleckchen aufgibt. Deswegen fällt es mir schon schwer, das Schwarzwald-Stadion zu verlassen.“

Petersen, der Liebling der Freiburger Fans, ist seit 2015 im Verein und hat in 155 Spielen 81 Tore erzielt. „Ich freue mich dennoch unfassbar aufs neue Stadion, weil neue Reize wichtig sind und gut tun. Gerade wenn man länger bei einem Verein ist, ist das auch etwas Spannendes“, sagt er. „Ich habe einen Stadionwechsel noch nie erlebt. Da von Anfang an mit dabei zu sein, da kann man sich darauf freuen.“

Stürmer-Star Petersen freut sich auf die höhere Zuschauerzahl

Auch wenn die Vorfreude überwiegt, müssen Stadt und Verein sich noch etwas gedulden und solange das Beste aus der aktuellen Lage machen. „Wir hatten so eine Situation noch nie. Jetzt müssen wir sie eben wieder aus der Welt kriegen“, sagt etwa der Rechtsamtsleiter der Stadt, Matthias Müller. Müller war es auch, der sich maßgeblich für die am Mittwoch beim VGH eingegangene Rüge eingesetzt hat „Wir versprechen uns von der Anhörungsrüge, dass das Gericht nun die richtigen Lärmwerte zu Grunde legen und zu einem anderen, für uns besseren Urteil kommen wird“, sagt er.

Klappt dies, dann wäre fürs Erste geklärt, dass der SC Freiburg auch an Freitag- und Samstagabenden sowie Sonntagmittag im neuen Stadion spielen dürfte. „Wir gehen davon aus, dass das Gericht in den nächsten ein bis zwei Monaten über die Anhörungsrüge entscheiden wird“, sagt der Rechtsamtsleiter.

Doch auch das wird dann keine endgültige Entscheidung sein. Denn parallel zum Eilverfahren läuft noch das Hauptsacheverfahren - also das eigentliche Klageverfahren. Und da kann das Gericht wieder zu einer anderen Einschätzung kommen. Es würde zu dem bisherigen Hin und Her passen.

Allerdings, und auch das macht den SC Freiburg vielleicht ganz besonders, geht man vom Besten aus. Angreifer Nils Petersen jedenfalls freut sich schon, sagt: „Ich bin gespannt, ob man die 10.000 Zuschauer mehr am Ende dann auch merkt oder es spürbar wird, dass sich noch mehr tut. Das Publikum peitscht uns ja so schon immer nach vorne.“

Melanie Muschong

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