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Sport: Zwischen Sturm und Stagnation

Hamburgs Trainer King verbindet Eishockey mit Philosophie – seine Profis tun sich schwer damit

Berlin . Dave King ist kein professioneller Philosoph. Dafür aber einer aus Leidenschaft. Der Trainer der Hamburg Freezers aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) wirkt ein wenig hektisch. Der Mann meint es ernst. Er sei bekennender Anhänger des bekanntesten Modells der Teambildung, sagt King und meint die vom amerikanische Philosophen Bruce Tuckman entworfene Vier-Phasen-Theorie: „Forming, Storming, Norming, Performing“ – in etwa übersetzbar mit „Formen, Stürmen, Normen und Aufführen“. Und bei seiner Lieblingstheorie hätte sein Team „erst die Hälfte des Weges zurückgelegt“, sagt der Kanadier.

Kings Ansatz klingt wirkt kryptisch, passt aber im Falle der Freezers. Im zweiten Jahr gehört der Klub zur DEL, an Fans und Sponsoren mangelt es nicht. Über 10 000 Menschen kommen im Schnitt pro Spiel in die Hamburger Arena – nicht weniger als in der Premierensaison. Und solvente Mäzene haben sie nun auch in Hamburg. Die Logos von zwei Banken zieren das Trikot der Freezers.

Doch im sportlichen Bereich sind die Freezers bei Phase eins der Tuckman’schen Theorie in ihrer zweiten Saison nicht unbedingt weitergekommen. Vieles wirkt in Hamburg etwas unförmig. Es wurden zwar bekannte Spieler mit guten Referenzen geholt, – etwa Torjäger Brad Purdie aus Krefeld – allerdings sind diese, fast ausschließlich kanadischen, Profis fast alle über 30 und haben nicht unbedingt eine große Zukunft vor sich.

Heute treten die Freezers bei den Eisbären an (19.30 Uhr, Sportforum). Der Berliner Klub gehört wie die Freezers der Anschutz-Gruppe. Eisbären-Manager Peter John Lee glaubt sogar, „dass Hamburg mehr Geld ausgibt als die Eisbären“. Insofern überrascht es, dass die Berliner Tabellenführer der DEL sind, Hamburg als Sechster elf Punkte weniger hat als die Berliner. King findet das nicht lustig. „Die Eisbären sind unser Vorbild. Trainer Pierre Pagé und Peter John Lee sind gute Architekten. Die haben viel Lob verdient für das, was sie aufgebaut haben.“

Hamburg hat dagegen abgebaut. Nach gutem Saisonstart setzte es sechs Niederlagen in Serie. Erst am Dienstag, beim 6:2 gegen Frankfurt, überzeugten die Freezers wieder. „Vergangene Saison sind wir mit der Brechstange in die Play-offs gestürmt“, sagt Chris Reynolds, Sportlicher Leiter der Freezers. „So schlecht stehen wir daher nicht. Unsere Spieler haben sich dafür entschieden, nicht für sich, sondern miteinander zu spielen. Sie haben ihre Norm gefunden.“ Weiter ist Hamburg aber nicht. Die große „Performance“, die „gibt es bei uns noch nicht“, sagt King.

Ist es möglich, dass der Trainer angesichts der Stagnation irgendwann die Nerven verliert? Noch hat King seinen Vertrag in Hamburg nicht verlängert, trotz seiner Option auf ein weiteres Jahr. „Wir verhandeln noch“, sagt King. „In der DEL möchte ich unbedingt weiterarbeiten, das ist eine großartige Liga.“ Vielleicht lassen sich seine Ideen andernorts eher verwirklichen. Etwa bei den Mannheimer Adlern? „Das ist möglich“, sagt King. „Aber es ist genauso möglich, dass ich in Hamburg bleibe.“ Entscheidend wird wohl allein sein, wie weit King mit seiner Philosophie diese Saison in Hamburg noch kommt.

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