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Mehrere hundert Berliner ehrten am 6. April 1968 den ermordeten Martin Luther King mit einem Trauerzug durch die Innenstadt. Im Vordergrund Bürgermeister Klaus Schütz.

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1968 im Tagesspiegel: Berliner Gedenkkundgebung für Martin Luther King

Vor 50 Jahren sagte Bürgermeister Klaus Schütz über die Ermordung von Martin Luther King "Sein Tod betrifft uns alle"

Wie hat der Tagesspiegel das Jahr 1968 begleitet? Wir publizieren regelmäßig einen ausgewählten Text aus der Zeitung von vor 50 Jahren – zur Studentenbewegung, sowie zu anderen Themen, die die Stadt und die Welt bewegt haben. Am 7. April 1968 bewegte die Ermordung von Martin Luther King die Berliner.

Mehrere hundert meist jugendliche Berliner ehrten gestern den ermordeten amerikanischen Negerführer und Friedens-Nobelpreisträger Martin Luther King mit einem Trauerzug durch die Innenstadt zum Kennedy-Platz. In einer abschließenden Kundgebung sagte der Regierende Bürgermeister Schütz, der zusammen mit Bürgermeister Neubauer, dem stellvertretenden Abgeordnetenhaus-Präsidenten Lorenz (CDU) und dem SPD-Vorsitzenden Mattick an der Spitze des Zuges marschiert war: "Die Stadt gedenkt Martin Luther Kings. Sein Tod betrifft uns alle."

Schütz sagte, wer den Frieden liebe, sei vom Tode Kings erschüttert. Die Deutschen seien zwar nicht berufen, Ratschläge zu erteilen, durch den Tod Kings sei jedoch eine Wunde bloßgelegt worden, die behandelt werden müsse. "Den Rassenfanatismus erleben wir überall, wo Mehrheiten sich selbst zum Maß aller Dinge erklären." Während der Rede von Schütz erscholl mehrfach der Sprechchor "Heuchler".

Zuvor hatte der stellvertretende Vorsitzende der Berliner Jungsozialisten, Fröhner, Martin Luther King und John F. Kennedy als Symbole des Amerikas gewürdigt, "auf das wir hoffen". Lorenz wertete die Kundgebung als .ein gutes Zeichen im Schatten einer bösen Tat". Die Berliner Jugend befinde sich an der Seite derer, die Kings Lebensziele verwirklichen wollten. Der stellvertretende amerikanische Stadtkommandant, Morris, appellierte an die Teilnehmer der Kundgebung, sich der Sache der Menschlichkeit zu widmen.

Nachdem die Kundgebung mit einer Schweigeminute und dem Läuten der Freiheitsglocke zu Ende gegangen war, trafen mehrere hundert Jugendliche mit roten Fahnen vor dem Rathaus ein, die zuvor an einer Diskussionsveranstaltung in der Technischen Universität teilgenommen hatten, und veranstalteten eine eigene Kundgebung, bei der der ehemalige FU-Assistent Krippendorff und ein Vertreter der amerikanischen "Black Power"-Bewegung sprachen. Es kam .zu einem kurzen Handgemenge mit der Polizei, als einige Demonstranten die Absperrgitter vor dem Rathaus durchbrachen. Diese Kundgebung endete mit dem Singen der "Internationale".

Bei der von der TU-Studentenvertretung einberufenen Diskussionsveranstaltung wurden Wandzeitungen enthüllt, auf denen unter anderem zu lesen war: "Solidarität mit Black Power - Brenne jetzt, weißes Amerika." zur ausdrücklichen Vorbedingung machte.

Er stellte eine weitere Beschränkung der Bomben- angriffe sowie von Waffenhandlungen anderer Art für den Fall in Aussicht, daß Hanoi in den Vorgesprächen die Voraussetzung der Gegenseitigkeit honoriert. Ist Ho Tschi Minh dazu bereit, oder will er nur, wie seinerzeit Chruschtschow, auf einen „besseren Präsiden- ten" der USA warten? Hier steckt die Gefahr einer Mißkalkulation, auch wenn der General Giap schon als der Sieger von New Hampshire bezeichnet wurde, wo Senator McCarthy mit seiner Antikriegsparole Johnson aus dem Felde schlug.

Als guter Kenner westlicher Verhältnisse sollte Ho Tschi Minh bei aller Kriegsmüdigkeit in Amerika vor Illusionen und vor falschen Hoffnungen auf den Sieg eines amerikanischen Kapitulationspräsidenten in den Novemberwahlen bewahrt bleiben können. 

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