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Computer sind heute auch aus dem universitären Alltag nicht mehr wegzudenken. Auf dem Fotos sieht man Studenten an der Fakultät für Informatik am Karlsruher Institut für Technologie.

© Uli Deck/dpa

1968 im Tagesspiegel: Computer als Leistungssport - Konferenz in der TU über Elektronenrechner an Universitäten

Vor 50 Jahren wurde über den Einsatz von Computern an deutschen Universitäten diskutiert

Wie hat der Tagesspiegel das Jahr 1968 begleitet? Wir publizieren regelmäßig einen ausgewählten Text aus der Zeitung von vor 50 Jahren – zur Studentenbewegung, sowie zu anderen Themen, die die Stadt und die Welt bewegt haben. Am 24. Juli berichtete der Tagesspiegel über die gemeinsamen Konferenz des Massachusetts Institute of Technology und der Technischen Universität Berlin zum Thema "Der Computer in der Universität"

Große Anstrengungen auf dem Gebiet des Computer-Einsatzes an den Hochschulen der Bundesrepublik müssen nach Darstellung des Vorsitzenden der Kommission für Rechenanlagen der deutschen Forschungsgemeinschaft, Professor Karl-Heinrich Weise, unternommen werden, um die Forschung sicherzustellen. Der Kieler Professor für Mathematik sprach gestern im Rahmen der gemeinsamen Konferenz des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Technischen Universität Berlin zum Thema "Der Computer in der Universität".

Die deutsche Forschungsgemeinschaft, die Trägerin für die Beschaffung von Rechenanlagen an den deutschen Hochschulen ist, arbeitet, so teilte Professor Weise nicht nach dem Grundsatz sämtliche Hochschulen mit Rechenzentren auszustatten, anderenfalls werde die Forschung erheblich benachteiligt werden. Bei der Vergabe von Rechenanlagen an Hochschulen mache die deutsche Forschungsgemeinschaft jedoch zur Auflage, daß ein geeigneter Lehrstuhl zur Beherrschung solcher Anlagen vorhanden ist. Zum finanziellen Aspekt der Hochschul-Rechenzentren sagte Weise, das Problem sei nicht so sehr, die einmalige Investition, sondern die laufenden Betriebsmittel aufzubringen.

Hochschulcomputer

Vor rund siebzehn Jahren wurden die Computer zunächst nur zögernd an unseren Universitäten aufgestellt, wobei es sich um keine kommerziellen, sondern eigens für den Zweck der Hochschulen hergestellte Geräte handelte. Die Universitäten von Kiel, München und Darmstadt leisteten hier Pionierarbeit. Zur selben Zeit bildete die Deutsche Forschungsgemeinschaft Schwerpunktprogramme für Rechenanlagen aus, da sich bald herausstellte, daß der gesteigerte Bedarf in der "Selbstbauperiode" nicht befriedigt werden konnte. 1956 wurde der Plan zur Errichtung von Hochschulrechenzentren in Angriff genommen.

Die Anpassung des Programms an die ständige Weiterentwicklung der Computer-Technik und Wissenschaft stelle dabei einen fließenden Prozeß dar, so sagte Weise, dessen Beendigung noch lange nicht abzusehen ist. Immer neue Anwendungsgebiete für die in den Hochschulen eingesetzten Rechenanlagen werden erschlossen.

Professor Miller vom Head Department of Civil Engineering, Massachusetts, schilderte anschließend an einem Modellfall den Einsatz von Computern im Rahmen einer Hochschule, nämlich am Massachusetts Institute of Technology. Dabei nannte Professor Miller als wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Computereinsatz an Universitäten, die Schaffung richtiger Umweltbedingungen. Die Universität müsse bereit sein, sich mit der Tatsache abzufinden, daß die Arbeit mit dem Computer auch die Umwelt der Universität selbst verändere.

Im "Department of Civil Engineering" wird der Computer vom ersten bis zum letzten Semester in den Vorlesungen benutzt. Dabei werden keine formellen Ausbildungskurse angesetzt, sondern die zu bewältigende Aufgabe je nach den anfallenden Bedürfnissen von Fall zu Fall festgelegt. Bei so früher Heranführung an die Computer-Arbeit empfinden die Studenten den Computer nicht als einen Angst einflößenden Fremdkörper, sondern akzeptieren ihn als ein neues Lebenselement von Forschung und Lehre. Allmählich wird die Arbeit mit der Rechenanlage wie eine Art von Leistungssport empfunden, wobei die Studenten sich mit den Professoren als gleichgestellte und gleichberechtigte Partner auf der selben Ebene befinden.

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