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Bernd Lucke macht sich nichts vor: „Ich bin gescheitert.“ 

© Michael Kappeler/dpa

Bernd Lucke: AfD-Gründer geht mit sich ins Gericht

Bernd Luckes neue Partei holt bei Landtagswahlen weniger als 1 Prozent. Der AfD-Gründer erwägt langfristig einen Rückzug aus der Politik - er sagt: „Ich bin gescheitert“.

Anderen würden diese Worte wohl schwer über die Lippen kommen. Bei Bernd Lucke klingen sie inzwischen ganz leicht. „Ich bin gescheitert“, sagt er. Gescheitert mit seinem Ziel, die AfD bereits 2013 in den Bundestag zu führen. Gescheitert damit, die Partei am Abdriften nach rechts zu hindern. „Um glaubwürdig zu bleiben, musste ich die Partei verlassen, auch wenn es das Ende meiner politischen Laufbahn bedeuten sollte.“

Der einstige AfD-Gründer sitzt in der prunkvollen, in Rot und Schwarz gehaltenen Lobby des Hotel de Rome in Berlin. Hier findet gerade eine Konferenz zur Geldpolitik statt, Lucke hat einen Vortrag gehalten. Er trägt Anzug, lehnt sich in seinem Sessel entspannt zurück. Der Wirtschaftsprofessor wirkt wie einer, der keine Last mehr zu tragen hat.

"Unglaubliche Aufbruchstimmung"

Dabei macht der 54-Jährige noch immer Politik. Er sitzt im Europaparlament, in das er als AfD-Chef gewählt wurde. Er ist Spitzenkandidat der Liberal-Konservativen Reformer (LKR) bei der Bundestagswahl. Eine 2000 Mitglieder starke Partei, die unter diesem Namen zwar kaum einer kennt. Doch dahinter versteckt sich Alfa – die Partei, die Lucke nach seinem Weggang aus der AfD öffentlichkeitswirksam gegründet hat. Den Namen gab es dann allerdings schon. Alfa musste sich umbenennen. Ein weiterer Schritt bergab.

Für Alfa hatte es eigentlich vielversprechend begonnen. Etwas wehmütig berichtet Lucke von der „unglaublichen Aufbruchstimmung“, die damals geherrscht habe. Zu Tausenden waren AfD-Mitglieder nach dem Essener Parteitag 2015 ausgetreten – viele schon kurz nachdem Lucke als Vorstand abgewählt worden war. „Wir dachten: Jetzt sind wir alle problematischen Leute los, nur noch die Vernünftigen sind dabei – jetzt lasst es uns noch einmal richtig machen“, erzählt er. Man habe gehofft, dass sich mit der Gründung einer Art gemäßigter AfD die Aufmerksamkeit auf sie konzentrieren würde. „Das hat nicht funktioniert. Das war spätestens seit dem Beginn der Flüchtlingskrise klar.“

LKR wollte keine Lucke-Partei sein

Aufgegeben hat die LKR freilich nicht. Versucht hat sie es beispielsweise mit einem Wechsel im Personal: Das Amt des Parteivorsitzenden hat Lucke, der die AfD einst im autoritären Stil führte, nun nicht mehr inne. Man wollte keine „Lucke-Partei“ sein, so hieß es. Nicht immer den Ex-AfD-Stempel tragen. Deshalb installierte man einen blassen Mann namens Christian Kott als Parteichef. Damit das nicht wie eine Kapitulation Luckes wirkt, bekam er das Amt des Spitzenkandidaten.

Lucke will sich im Wahlkampf an die großen Themen wagen. „Flüchtlingsfrage, konstitutionelle Krise der EU, Altersvorsorge und innere Sicherheit“, zählt er auf. Lucke befürwortet beispielsweise Fluchtursachenbekämpfung und die Stabilisierung von Drittstaaten in Nordafrika und dem mittleren Osten. „Flüchtlingspolitik darf man nicht nur reaktiv gestalten“, sagt er. Auch seine Kritik am Euro, die ihn einst zur Gründung der AfD trieb, möchte er fortsetzen. „Ich fordere nach wie vor, dass wir die Politik der konditionierten Rettung von Staaten aufgeben. Wir zwingen durch finanziellen Druck die Parlamente der Krisenstaaten, Maßnahmen zuzustimmen, die sie aus freien Stücken nicht beschlossen hätten.“

Möglicherweise das letzte Wahlamt

Doch wird es für die LKR überhaupt einen Bundestagswahlkampf geben? Bundesvorstandsmitglied Bernd Kölmel geht zwar auch nach dem desaströsen Wahlergebnis von 0,2 Prozent in Schleswig-Holstein davon aus, dass die LKR antreten werde – das sei Beschlusslage. Dennoch ist es fraglich, ob dieser Beschluss in Zukunft Bestand hat. Die Mittel der LKR sind für den Wahlkampf begrenzt. Und das Wählerpotenzial gering: Im Saarland kam die LKR bei der Landtagswahl ebenfalls nur auf 0,2 Prozent. In der Partei fragen sich manche, ob es den Aufwand im Bund überhaupt lohnt.

Auch Bernd Lucke muss wissen, dass es utopisch ist, dass die LKR in den Bundestag einzieht. Über sein Mandat im Europaparlament sagt er: „Möglicherweise ist es das letzte Wahlamt, das ich innehaben werde.“ Es scheint, als habe Bernd Lucke innerlich schon begonnen, sich aus der Politik zurückzuziehen. Es sei, sagt er, nicht unwahrscheinlich, dass er 2019 als Makroökonomie-Professor an die Universität Hamburg zurückkehre. Es gebe jedenfalls keinen unbefriedigten politischen Ehrgeiz, der ihn davon abhielte. Man könnte auch sagen: nicht mehr.

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