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Hat Afghanistan eine Zukunft?: Präsidentschaftswahl in Afghanistan

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„Blanker Selbstbetrug“ seien die Wahlen in Afghanistan, schreibt Florian Willershausen in der „Wirtschaftswoche“. Für den Westen zähle nicht der Ausgang, sondern der Prozess: Sei dieser nur halbwegs frei, friedlich und demokratisch, könne man sich ohne Gewissensbisse vom Hindukusch zurückziehen und Afghanistan als Erfolg verbuchen. Aber die Realität werde das Land einholen. Durch den Abzug zum Jahresende gäbe man das Land der Anarchie preis.

„Voters are the winners“, titelt die "Deutsche Welle". Auch wenn die Stimmen noch nicht ausgezählt sind, seien die Verlierer der Wahl klar die Taliban, schreibt Florian Weigand. Trotz ihrer Terror-Rhetorik und der Angriffe sei es ihnen nicht gelungen, die Wahlen zu stören. Zwar gäbe es nur mit den Taliban eine dauerhafte Lösung für den Konflikt, doch ihre Reputation sei dahin. Dieser Moment müsse vom Westen genutzt und die Demokratisierung durch Entwicklungshilfe unterstützt werden. 

„The voting is an historic event“, meint Dominic Medley auf „Aljazeera“.

Die Wahlen seien schon jetzt ein Erfolg, denn in den letzten 40 Jahren hätten nur wenige Staatsoberhäupter ihr Amt friedlich, freiwillig oder gar lebendig verlassen. Entscheidend sei, wie sich die Kandidaten verhalten. Würde ein Sieger vor dem Ramadan feststehen und von seinen Konkurrenten anerkannt, seien die Chancen für einen geglückten Übergang hoch, andernfalls drohe Instabilität. Es gäbe Hoffnung.

„Bittere Bilanz“, titelt "Bild.de". Bischöfin Margot Käßmann habe vor vier Jahren Schelte bekommen, als sie sagte: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Heute müsse man eingestehen, dass sie nicht so falsch lag, sagt Julian Reichelt. Das Land, in dem nichts blühe außer Mohnfelder, sei so korrupt und kaputt, dass den Menschen nichts übrig bleibe außer an die Macht der Kalaschnikow zu glauben.

Die Wähler hätten „den Taliban den Tintenfinger gezeigt“, kommentiert Sandra Petersmann auf "tagesschau.de". Es habe Anschläge, Tote, Verletzte und Wahlfälschung gegeben. Dennoch sei das Glas mehr als halb voll. Die Menschen hätten in langen Schlangen vor den Wahllokalen gestanden und Kälte, Regen und Todesdrohungen getrotzt. Wer jetzt noch daran zweifele, dass Afghanistan mehr als nur Krieg könne, solle sich die letzten Bilder von Anja Niedringhaus ansehen.

„Die Afghanen wollen endlich die Verantwortung übernehmen“, titelt der "Tagesspiegel". Trotz der Angriffe der Taliban seien die Menschen gerade jetzt optimistisch, weil sie die Chance sähen, endlich selbst über ihr Land bestimmen zu können, findet Ulrike Scheffer. Es gäbe zwar keine Sicherheit gegen die Taliban, aber die Einheimischen ließen sich von ihnen nicht mehr einschüchtern. Die Anschläge auf Ausländer stünden eher für die Schwäche der Taliban.

Während die Truppen abzögen, „drängen die Taliban mit Macht zurück“, schreibt Michael Schmidt im Tagesspiegel. Die Wahl sei zwar ein historischer Moment, aber der biete nur wenig Anlass zur Hoffnung. Es sei nicht so, das alles schlecht gelaufen sei, aber eben auch sehr wenig gut. Die Zukunft dieses geschundenen und zerrissenen Landes sehe düster aus. Afghanistan bleibe eines der gefährlichsten Länder der Welt. 

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