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Pasta und basta – mit Penne Cavolo, Federnudeln an Curry-Blumenkohl.

© Pöppl

Kantine im Bundesfamilienministerium: Raffiniert schmeckt anders – zu Mittag im Hause Schwesig

In der Kantine des Familienministeriums bestellt man italienisch – und der Cappuccino ist fast perfekt. Teil 5 der Serie.

An der Mohren- Ecke Glinkastraße riecht es nach DDR. Das liegt sicher mit daran, dass gerade die Trabi-Safari vorbeigefahren ist. Doch der erinnerungsträchtige Duft der Zweitakter verstärkt auch den düsteren Anblick der Botschaft von Nordkorea, die sich hier hinter hohen Gittern verschanzt. Vor dem City-Hostel daneben drängelt sich eine italienische Schülergruppe, die das letzte Bollwerk des real existierenden Sozialismus ignoriert und dann lautstark Richtung Checkpoint Charlie abzieht.

Die einstige Kanonierstraße wurde übrigens 1951, in der noch jungen DDR, dem russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka gewidmet, wie man auf einer Gedenktafel lesen kann. Rundherum findet man die architektonische Spiegelung Preußens, vom gelb leuchtenden Schleiermacherhaus aus dem 18. Jahrhundert über die hohen Gründerzeitkästen, die einst Banken und Versicherungen beherbergten, bis zu den Stahl- und Glaspalästen der Nachwendezeit. Die Gegend steckt überhaupt voller Historie, überall wird man daran erinnert. Kluge Geister wie Rahel Varnhagen, E.T.A. Hoffmann oder Heinrich von Kleist lebten im Viertel um den Gendarmenmarkt. Auch die finsteren Zeiten sind allgegenwärtig: Während der Märzrevolution 1848 wurden an den Barrikaden Tauben- Ecke Friedrichstraße die Aufständischen niederkartätscht. Und Adolf Hitler residierte zu Beginn seiner Reichskanzlerschaft noch im Hotel Kaiserhof in der Mohrenstraße.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend scheint riesig. Es umfasst beinahe den ganzen Block zwischen Jäger-, Glinka- und Taubenstraße und vereint Gebäude aus zwei Jahrhunderten. Im Erdgeschoss des Neubaus befindet sich das Café "Intermezzo", das den Mitarbeitern des Ministeriums als Kasino dient. Im Gegensatz zu den meisten Ministeriumskantinen ist das modern eingerichtete Bistro auch für Normalsterbliche zugänglich. Um 12.30 Uhr ist das Lokal mit geschätzten 80 Plätzen drinnen und draußen gut besucht. Es findet sich aber noch Platz am elegant geschwungenen Stehtresen mit Barhocker und Blick nach draußen. Das Publikum ist leger gekleidet, wenige Anzüge und Kostüme sind zu sehen.

An großen Kreidetafeln draußen und drinnen stehen die Tagesgerichte geschrieben: Neben dem "Klassiker" Chili con Carne (6,80 Euro) sind eine "Wasabi-Kartoffelsuppe, leicht pikant" (3,80 Euro), "Rindertafelspitz mit Meerrettich und Bouillonkartoffeln" (7,10 Euro) und "Penne Cavolo, Federnudeln mit Curry-Blumenkohl und Kokosmilch" (6,50 Euro) im Angebot, dazu „Pasta al Minuto“ mit getrockneten Tomaten, Olivenöl und Knoblauch als vegane Ergänzung. Die Portionen sind groß. Bestellt wird "auf Italienisch", wie man das von südlichen Autobahnraststätten kennt: Zuerst geht man an die Kasse, bestellt, bezahlt und gibt die Quittung am Ausgabetresen ab. Der junge Mann in der blauen Kochjacke ist aufmerksam, fragt nach zusätzlichen Wünschen, das Essen kommt umgehend aus der offenen Küche.

Die Wasabi-Kartoffelsuppe schmeckt fein, leider fehlt die angekündigte "pikante" Schärfe. Die "Penne Cavolo" sind perfekt al dente, die Blumenkohlsauce hat den Hauch Curry, wie versprochen. Allerdings, wie so oft bei thailändisch inspirierten Gerichten, verdrängt ein Zuviel an Kokosmilch den eigentlichen Pfiff, den das Gericht haben könnte. Man isst ganz gut im Hause von Manuela Schwesig, die Raffinesse der Küche wäre aber ausbaufähig. Am Ende versöhnt ein Cappuccino (1,90 Euro), der wirklich perfekt ist, dichter Schaum, feines Aroma, fast wie beim Edelitaliener.

INTERMEZZO IM MINISTERIUM FÜR FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN, JUGEND

Glinkastraße 24, 10117 Berlin-Mitte

Öffnungszeiten

Mo–Fr 7.30–17.30 Uhr

Mittagstisch von 11.30–15 Uhr

GESCHMACK: 4 von 5 Sternen

Gute, italienisch geprägte Mittagsküche. Täglich drei bis vier Hauptspeisen, darunter ein vegetarisches Gericht.

ATMOSPHÄRE: 4 von 5 Sternen

Elegante, aber nicht übertriebene Einrichtung, freundliches Personal. Angenehme Lautstärke. Schneller Service.

POLITIKERDICHTE: 2 von 5 Sternen

In einer nicht-parlamentarischen Woche waren vor allem Mitarbeiter aus dem Haus zu sehen, auch Kollegen aus benachbarten Ministerien und Landesvertretungen kommen gerne.

PREIS-LEISTUNGS-VERHÄLTNIS: 4 von 5 Sternen

Man kann im Intermezzo auch günstig frühstücken. Suppen und kleine Gerichte kosten für Externe ab 3,80 Euro, Hauptgerichte zwischen 6 und 8 Euro.

Alle getesteten Kantinen finden Sie unter: www.tagesspiegel.de/Agenda

Der Text erschien in der "Agenda" vom 7. Juni 2016, einer Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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