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Lächeln für die Liberalen. Linda Teuteberg will freundlich aber bestimmt Politik machen.

© Karoline Wolf

Linda Teuteberg: Wie man als Frau in der FDP Karriere macht

Kann man es als weibliche Liberale nach ganz oben schaffen? Die Abgeordnete Linda Teuteberg versucht es - auch wenn man ihr früher Steine in den Weg legte.

Unionsstreit, Familiennachzug, Grenzschutz, Abschiebungen: Wann immer in den vergangenen Monaten Debatten zur Migration hochkochten, tauchte in der Berichterstattung auch eine zierliche, blonde FDP-Politikerin auf. Im ZDF-„Morgenmagazin“ sagte sie: „Es gibt kein Asylrecht ohne Abschiebungen.“ Im „Mittagsmagazin“ verurteilte sie den Masterplan von Bundesinnenminister Horst Seehofer als Mischung aus „Mängelliste und To-do-Liste“. Und in der Live-Schalte bei „Phoenix“ erklärte sie freundlich lächelnd, warum die FDP zum Bamf-Skandal einen Untersuchungsausschuss fordert.

Der Name dieser Frau ist Linda Teuteberg. Die 37-jährige Brandenburgerin ist migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion und Obfrau im Innenausschuss. Ein wichtiger Posten in diesen Zeiten. Doch im Gegensatz zu anderen FDP-Frauen wie Katja Suding oder Nicola Beer ist Teuteberg weitgehend unbekannt. Man muss vielleicht sagen: noch.

Spricht man Parteikollegen auf Teuteberg an, fallen Worte wie „Hoffnungsträgerin“, „bemerkenswert“ und „großes Potenzial“. Selbst innerparteiliche Gegner bezeichnen Teuteberg als „begabt“. In der FDP trauen sie der Juristin noch einiges zu. Und sie brauchen sie auch. Denn die Partei muss ihren Ruf als Männerverein loswerden, endlich mehr Wählerinnen anziehen. Die FDP will Frauen wie Teuteberg auch in der ersten Reihe.

Und doch ist der politische Weg der Linda Teuteberg einer, der viel darüber erzählt, was es braucht, um sich als Frau in der FDP durchzusetzen. Zumal in einem Land wie Brandenburg, das für die Liberalen ein extrem schwieriges Pflaster ist.

Den Auftritt in der Talkshow neideten sie ihr

An einem verhangenen Septembertag läuft Linda Teuteberg am Bundestag vorbei an der Spree entlang, sie trägt einen beigen Trenchcoat, einen leuchtend blauen Cordblazer und eine weiße Bluse. „Es braucht schon ein gewisses Durchhaltevermögen, ein ernsthaftes Interesse an der Sache“, sagt Teuteberg. Sie lächelt leicht. Es ist ein Lächeln, das sie so gut wie nie ablegt.

Noch vor dem Abitur tritt Teuteberg bei den Jungen Liberalen ein, kurz danach auch in die Brandenburger FDP. Im Landtagswahlkampf 2009 schicken die Jungen Liberalen sie nach vorn. Teuteberg findet: Wenn schon, dann kandidiert sie für Listenplatz zwei. Trotz Gegenkandidat wird die damals 27-Jährige mit 90 Prozent gewählt.

2009 ist auch das Jahr, in dem die Nachwuchspolitikerin an der Seite des mittlerweile verstorbenen Parteichefs Guido Westerwelle in der Talkshow „Illner Intensiv“ steht. Teuteberg muss erklären, warum selbst Hartz-IV-Empfänger FDP wählen würden. „Toll gemacht“, sagt Westerwelle ihr am Ende der Sendung. Es gibt einige, die ihr die Aufmerksamkeit, das Rampenlicht neiden.

Westerwelle machte ihr Mut

„Ich hatte keinen Förderer oder engen Mentor. Aber es gibt Parteikollegen, die mir immer wieder Mut gemacht haben“, sagt Teuteberg. Nötig wird das nach ihrem Einzug in den Landtag 2009 als jüngste Abgeordnete. Westerwelle, der Teutebergs Schwierigkeiten mitbekommt, sagt ihr auf einem Bundesparteitag: „Sie sind frei gewählte Abgeordnete – wer kann Ihnen denn was?“ An diesen Satz wird Teuteberg sich oft erinnern.

Vor allem mit dem Brandenburger Fraktionschef Andreas Büttner und dem Landeschef Gregor Beyer gerät sie aneinander. Teuteberg ist keine bequeme Abgeordnete. In einer Enquetekommission setzt sie sich für die Aufarbeitung der Nachwendejahre ein. Das ist heikel, weil es dabei auch um die Stasivergangenheit von Politikern geht. In ihrer eigenen Fraktion attackiert man die Arbeit der Kommission. Und Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) bezeichnet es in einer Parlamentsdebatte mit Blick auf ihr Alter als „süß“, dass sie eine Überprüfung von Richtern auf Stasivergangenheit fordert. Teuteberg entgegnet, süß und jung seien keine Kategorien der politischen Auseinandersetzung.

Teuteberg glaubt, dass einige in der FDP sie als Bedrohung und Konkurrenz sehen. Parteikollegen werfen ihr vor, sie vernachlässige wegen der Vorbereitung auf ihr Jurastaatsexamen ihre Arbeit im Landtag, verbreiten Gerüchte über sie. Bei einem Capuccino an der Spree sagt sie: „Ich hatte mir nichts vorzuwerfen.“ Aber auch: „Das war eine der belastendsten Situationen in meinem Leben.“

„Die perfekte Karrieremaschine“, ätzten sie früher

Anfang 2013 tritt sie in Stefan Raabs Politshow „Die absolute Mehrheit“ auf und gewinnt. Teuteberg, die damals schon als Beisitzerin im FDP-Bundesvorstand ist, bewirbt sich kurz darauf auf dem Bundesparteitag erneut für einen Sitz – allerdings ohne das Votum ihres Landesverbandes – und hat Erfolg. Ihre Gegner werfen ihr jetzt vor, sie stelle eigene Ziele über die Partei. Hinter ihrem Rücken hätten manche geätzt, sie sei „die perfekte Karrieremaschine“, erzählt einer, der damals dabei war. Beim folgenden Landesparteitag lehnt Landeschef Beyer sie als Vize ab.

„Der Karrierismusvorwurf ärgert mich ganz besonders. Denn ich mache Politik nicht aus einem Aufwand-Nutzen-Kalkül“, sagt Teuteberg. Vielmehr habe sie sich viel erarbeiten müssen, immer erst beweisen, dass sie es kann.

Die FDP fliegt 2013 aus dem Bundestag, 2014 aus dem Landtag. Teuteberg arbeitet als Juristin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, macht Aufbauarbeit im Landesverband. Dann ihr Comeback: Sie setzt sich gegen den neuen Landesvorsitzenden durch und wird brandenburgische Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2017. Sie macht mit einem winzigen Budget Wahlkampf – und führt die brandenburgischen Liberalen mit 7,1 Prozent in den Bundestag.

Teuteberg findet, dass „Frauen öfter selbst sagen müssen: „Ich traue mir das zu, ich bewerbe mich für eine Position.“ Nur werde ihnen häufiger als überambitioniert ausgelegt, was bei Männern positiv wahrgenommen werde. Dabei dürfte es keinen Unterschied machen.

„Die Zeiten haben sich auch in der FDP geändert“

Im Bundestag ist für Teuteberg nun ein neues Kapitel angebrochen. Zwar sind hier auch nur ein Viertel aller Abgeordneten weiblich, im Fraktionsvorstand sitzt nur eine einzige Frau. Doch wichtige Ausschussvorsitze sind an Frauen gegangen und auch Teutebergs Rolle als Obfrau im Innenausschuss ist ein Signal. „Die Zeiten haben sich auch in der FDP geändert. Die Herren, die früher die Partei vertraten, hatten noch ein anderes Frauenbild als heutige Spitzenliberale“, sagt Teutebergs Fraktionskollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Es sei jetzt eine Sensibilität dafür da, fähige Frauen auch sichtbar zu machen. Sie schwärmt, Teuteberg sei „nicht nur sympathisch, sondern auch blitzgescheit, sehr analytisch und unaufgeregt“. Sie traue ihr in Zukunft noch einiges zu.

In der Fraktion vernetzen sich die 18 Frauen, treffen sich einmal im Monat, sprechen ihre Themen ab und schauen, wo sie sich gegenseitig unterstützen können. Die Partei hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die herausfinden soll, wie die FDP attraktiver für weibliche Wähler werden kann. Auch Teuteberg ist Mitglied. Fraktions- und Parteichef Christian Lindner weiß, was er an ihr hat.

Neben der Migrationspolitik macht sie schon länger die Debattenkultur zu ihrem Thema. Sie sieht es als ihre Aufgabe, liberal gesinnten Ostdeutschen eine Stimme zu geben. Und wenn bald auf Initiative der FDP über ein Einwanderungsgesetz debattiert wird, wird wohl auch wieder Linda Teuteberg am Rednerpult stehen. Sie hat dann trotz ihres steten Lächelns etwas sehr Ernsthaftes. Manch andere lassen bei ihren Reden im Bundestag Pausen für die Fraktionskollegen zum Klatschen. Teuteberg redet einfach weiter, wenn die FDP-Abgeordneten zum Applaus ansetzen. Es wirkt, als wolle sie von den wenigen Redeminuten nichts verschwenden.

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