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Elisabeth Walaas, Norwegens Frau in Berlin.

© DAVIDS/Sven Darmer

Neue Botschafterin: Norwegens Netzwerkerin

Elisabeth Walaas vertritt Norwegen in Berlin. Das Königreich ist zwar kein EU-Mitglied, doch nicht erst seit der Ukraine-Krise wird es als Partner in der Energiepolitik immer wichtiger.

Der Fahrer hat den Motor schon angelassen, als Elisabeth Walaas in den schwarzen Audi einsteigt. In 20 Minuten hat die neue norwegische Botschafterin in Berlin einen Termin bei Staatsminister Michael Roth im Auswärtigen Amt. Es ist ihr Antrittsbesuch. „Den möchte ich nutzen, um gleich auch ein paar aktuelle Themen anzusprechen – die Ukraine-Krise zum Beispiel und die Entwicklung des Ölpreises“, sagt sie, und schaut dann wieder konzentriert in die dunkle lederne Mappe, die auf ihrem schwarzen Samtrock liegt und das Emblem der norwegischen Monarchie ziert. Das schulterlange weißgraue Haar trägt Elisabeth Walaas offen. Wenige Minuten vor der vereinbarten Zeit fährt ihr Wagen auf den Hof des Außenamtes. Eine Mitarbeiterin des Staatsministers wartet schon und führt sie schnellen Schrittes durch das Gebäude der alten Reichsbank. Mit ihren flachen Stiefeletten hat Walaas keine Schwierigkeiten, ihr zu folgen. Das Timing stimmt. Sie ist nicht zu spät, aber auch nicht zu früh und muss nicht im Vorzimmer des Staatsministers warten.

Diplomatie in Zeiten des Handys

In Zeiten, in denen der Draht zwischen den Hauptstädten befreundeter Staaten per Telefon oder SMS von den Regierungschefs selbst gehalten wird, könnte man solche Höflichkeitstermine wie ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert abtun. Doch in Oslo sieht man das anders. Ihr Land sei wirtschaftlich und politisch eng mit der EU verzahnt, erklärt Walaas, „aber wir sind kein EU-Mitglied und sitzen daher nicht mit am Tisch, wenn Entscheidungen in Brüssel getroffen werden. Deshalb müssen wir unsere Positionen über andere Kanäle einfüttern.“ Berlin sei dafür eine der wichtigsten Anlaufstationen.

Berlin ist wichtig für Oslo

Die Erwartungen an Elisabeth Walaas sind entsprechend hoch. Seit sie am 8. Januar Bundespräsident Joachim Gauck ihr Beglaubigungsschreiben übergeben hat, arbeitet sie daran, sich ein solides Netzwerk in der deutschen Hauptstadt aufzubauen. Vor allem bei den Schlüsselstellen der Bundesregierung – Kanzleramt, Außenamt, Wirtschaftsministerium – muss sie möglichst schnell den Fuß in die Tür bekommen. „Berlin ist schließlich auch eine gute Quelle für Informationen über EU-Interna“, sagt sie.

Deutsche Interessen

Umgekehrt nutzt aber auch Deutschland seine guten Beziehungen zu Norwegen, um die eigene Einflusssphäre auszuweiten – beispielsweise auf den Rat der Arktisanrainer, der seinen Sitz in der norwegischen Hauptstadt hat. „Deutschland ist sehr engagiert in der Arktis-Forschung und möchte in die Arktis-Politik einbezogen werden“, weiß Franz Thönnes, der Vorsitzende der Freundschaftsgruppe deutscher Parlamentarier mit den Parlamenten der nordischen Staaten. Da Berlin dem Rat selbst aber nicht angehöre, sei Oslo ein wichtiger Transmissionsriemen für die deutschen Interessen, sagt der SPD-Politiker. „Die Botschafterin ist der Motor für solche Kontakte.“

Wichtiger Energiepartner

Noch wichtiger sind die Wirtschaftsbeziehungen zum Öl- und Gasexporteur Norwegen, besonders seit der Ukraine-Krise. „Wenn wir unabhängiger von russischen Energielieferungen werden wollen, ist Norwegen ein wichtiger Partner“, sagt Thönnes, der auch Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist. Schon jetzt sei Norwegen der zweitwichtigste Energielieferant Deutschlands. „Und es gibt durchaus Potenzial für mehr. “ Darauf baut auch Walaas. Schon kurz nach ihrem Amtsantritt lud sie daher 100 Wirtschaftsvertreter und Energiepolitiker zu sich ein: Allianz, Wintershall, Eon, Enercon, Bundesnetzagentur, wichtige Wirtschafts- und Energieverbände kamen zum Empfang in die Rauchstraße.

Projekte für die Zukunft

Ein wichtiges Energieprojekt stand da bereits kurz vor dem Abschluss. Anfang Februar vereinbarten Deutschland und Norwegen, bis 2020 ein mehr als 600 Kilometer langes Stromkabel in der Nordsee zu verlegen, das beide

Staaten verbinden soll. Deutschland soll so künftig überschüssige Windenergie nach Norwegen leiten und dort verkaufen oder zwischenspeichern können, und Norwegen im Gegenzug überschüssigen Strom aus Wasserkraftwerken ins deutsche Netz einspeisen. „Eine echte Win-Win-Situation“, freut sich Walaas.

Zeit zum Durchschnaufen

Knapp zwei Monate nach ihrem Amtsantritt hat sie zum ersten Mal Zeit zum Durchschnaufen. Eine norwegische Kinderzeitung ist gekommen, um sie zu interviewen. Die Redaktion möchte Frauen in Führungspositionen vorstellen, auch eine Botschafterin. Walaas war die Wunschkandidatin. „Weil ich in einer so spannenden und wichtigen Stadt wie Berlin arbeite“, sagt sie lachend und lehnt sich entspannt auf der Couch in ihrem Büro zurück. Die Anspannung der ersten Wochen scheint verflogen. Zwar weilen praktisch jede Woche Minister, Abgeordnete oder hohe Beamte aus Norwegen in der deutschen Hauptstadt, um die sie sich kümmern muss. Doch inzwischen fühlt sich Elisabeth Walaas sicher auf ihrem neuen Terrain. „Ich habe mich in Berlin etabliert“, sagt sie.

Gute Beziehungen

Und auch vom Rest Deutschlands hat Elisabeth Walaas schon einiges gesehen. Mit ihrer Außenministerin war sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz, im Dresdener Albertinum hat sie eine deutsch-norwegische Gemeinschaftsausstellung von Caspar David Friedrich und Johan Christian Dahl miteröffnet. Die deutsch-norwegischen Beziehungen könnten derzeit besser kaum sein:

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