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Der Grüne Manuel Sarrazin stellt sich an diesem Dienstag als Vorsitzender der Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland im Bundestag zur Wiederwahl.

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Parlamentariergruppe im Bundestag: Vereinigte Freunde von Europa

Das Netzwerk der Europa-Union Deutschland ist überall zu finden – aber der Europaausschuss im Bundestag ist unpopulär.

Etwa jeder vierte Bundestagsabgeordnete gehört dem Club an. Darunter sind prominente Namen – etwa Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) oder Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). Es sind Politiker aus unterschiedlichen Lagern dabei wie der CDU-Mann Günter Krings und der Ex-Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Rund 160 Bundestagsabgeordnete zählt die Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland (EUD). Ihr Ziel beschreibt ihr Vorsitzender Manuel Sarrazin, der europapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, folgendermaßen: „Wir wollen, dass der Bundestag pro-europäisch aufgestellt ist.“

Aufseiten der CDU kann die Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland seit Anfang des Jahres einen bekannten Neuzugang verzeichnen: Seit 1. Januar ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die im August 2011 auch schon einmal die „Vereinigten Staaten von Europa“ als ihr politisches Fernziel bezeichnete, EUD-Mitglied.

„Europäer aller Fraktionen, vereinigt euch.“ So fasst deren Vorsitzender Sarrazin, der sich an diesem Dienstag zur Wiederwahl stellt, das Motto der Parlamentariergruppe der Europa-Union mit einem Augenzwinkern zusammen. Tatsächlich findet der Aufruf des Grünen-Abgeordneten auch in allen Fraktionen – abgesehen von den Linken – Widerhall. Bundesweit hat die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete EUD, die sich selbst als größte Bürgerinitiative für Europa in Deutschland bezeichnet, rund 18 000 Mitglieder.

Der fraktionsübergreifende Zusammenschluss der EUD-Mitglieder im Bundestag erleichtert auch schon einmal informelle Absprachen zwischen Regierung und Opposition. So informierte in der vergangenen Legislaturperiode der damalige Unionsfraktionsvize Krings die Parlamentariergruppe darüber, dass die Regierungskoalition für die Europawahl im kommenden Mai eine – inzwischen vom Bundesverfassungsgericht gekippte – Drei-Prozent-Hürde anpeilt. Krings sondierte, ob die Sperrklausel auch von Abgeordneten der SPD und Grünen unterstützt werden würde. Die Oppositionsabgeordneten signalisierten damals Zustimmung – und so kam es am Ende bei der Abstimmung im vergangenen Juni auch. Nur die Linken verweigerten der Drei-Prozent-Hürde ihre Zustimmung.

Krings ist seit dem vergangenen Dezember Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium und gehört damit zu den Mitgliedern der EUD-Parlamentariergruppe, die nach der Bundestagswahl beruflich aufgestiegen sind. Das gilt auch für den SPD-Mann Michael Roth, der Staatsminister im Auswärtigen Amt wurde. Vorher war Roth europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag und Mitglied im Europaausschuss.

Dabei gibt es in Sachen Europa im Bundestag ein großes Paradox: Einerseits sind die EUDler bis in die Regierungsebenen hinein gut vernetzt und halten gewissermaßen die Europaflagge in Berlin hoch. Andererseits gilt ausgerechnet jener Bundestagsausschuss, auf dem „Europa“ draufsteht, eher als unpopulär – andere Ausschüsse werden als bedeutender wahrgenommen und sind entsprechend begehrter bei Abgeordneten. Die SPD-Fraktion hatte zu Beginn dieser Legislaturperiode deshalb Mühe, genügend Interessenten für den Europaausschuss zu finden. Am Ende kamen dort etliche Sozialdemokraten unter, für die in anderen Ausschüssen kein Platz mehr war.

Geleitet wird der Europaausschuss vom CDU-Mann Gunther Krichbaum, übrigens auch Mitglied der EUD-Parlamentariergruppe. Nach der Bundestagswahl hat er es in seinem Ausschuss auf der SPD-Seite mit lauter neuen Gesichtern zu tun – abgesehen von Heinz-Joachim Barchmann, der nun sein Vize im Gremium ist. Viele SPD-Abgeordnete zog es hingegen in den Finanzausschuss, der bei der Euro-Rettung ein gewichtiges Wort mitzureden hat.

Nach Ansicht des EUD-Generalsekretärs Christian Moos leidet der Europaausschuss ein wenig daran, dass krisenbedingt viele der gegenwärtig zentralen europapolitische Themen die europäische Wirtschafts- und Währungsunion betreffen und vor allem im Finanzausschuss behandelt werden. Im Prinzip sei es sogar möglich, dass der Europaausschuss sich eines Tages erübrige, „nämlich dann, wenn Europapolitik vollends identisch mit Innenpolitik geworden ist“, meint Moos.

Roths Nachfolge im Amt des europapolitischen Sprechers der SPD-Fraktion treten derweil zwei Politiker an, die in diesem Fachbereich bislang nicht in Erscheinung getreten sind. Bis Februar 2015 übernimmt der Bundestags-Neuling Norbert Spinrath die Aufgabe, im darauffolgenden Jahr geht Sabine Bätzing-Lichtenthäler in die Europa-Spur. Die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung ist gegenwärtig im Mutterschutz und wird sich voraussichtlich nach der kommenden Sommerpause im politischen Betrieb in Berlin zurückmelden.

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