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Wenn der "Behördenspiegel" in den Bibliotheken der Bundesministerien oder Bundesbehörden ausgelegt wird, gilt das als Sponsoring.

© Kitty Kleist-Heinrich

Sponsoring und die Bundesregierung: „Eine aufgedrängte Bereicherung“

Der Bundesrechnungshof hinterfragt die massenhafte kostenlose Lieferung des „Behördenspiegels“ an Ministerien und Bundesbehörden.

Er hat schon ein spezielles Publikum, der „Behördenspiegel“. Die aktuellen Überschriften des Internetauftritts suchen offensichtlich ihr Fachpublikum. „Verfassungsrechtler: ,Auskreisung’ wäre nicht rechtens“, heißt es da, oder „Saarland: 40 Projekte werden gutachterlich untersucht“. Aktuell interessiert sich vor allem der Bundesrechnungshof für die Publikation. Er untersucht, ob die kostenfreie Lieferung des Blattes an Bundesbehörden als Sponsoring zu verstehen ist.

Der „Behördenspiegel“ selbst versteht sich als „Unterstützung für das Verwaltungshandeln“, sagt Chefredakteur Uwe Proll. Mit einer Auflage von 112 000 Exemplaren monatlich sieht sich das Blatt als „auflagenstärkste unabhängige Zeitung für den Öffentlichen Dienst“.

Der Bundesrechnungshof selbst bezieht übrigens keine kostenlosen Exemplare des „Behördenspiegels“. Aber 12 000 der insgesamt 14 000 Exemplare, die der „Behördenspiegel“ an Bundesministerien und Bundesbehörden liefert, werden kostenlos abgegeben, sagte Uwe Proll dem Tagesspiegel. Es gebe viele „Probeexemplare für neue Mitarbeiter“.

Nach der Anfrage des Bundesrechnungshofes vom November 2015 an alle Ministerien, wie viele Exemplare der Zeitung im jeweiligen Geschäftsbereich kostenpflichtig oder kostenlos bezogen werden, haben alle Häuser begonnen, sich einen Überblick darüber zu verschaffen. Einige Häuser wie das Familienministerium und das Umweltministerium haben es auch geschafft, innerhalb der bis Mitte Dezember gesetzten Frist zu antworten. Andere sind nach wie vor mit der Bestandsaufnahme beschäftigt. Dazu gehört das Agrarministerium. Aber wie viele kostenfreie persönliche Abonnements es gibt, werden sie wohl kaum herausfinden können. Denn bei einem Abo-Preis von 24 Euro im Jahr läge diese Schenkung unterhalb der Schwelle, von der an Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ihre Dienstherren informieren müssen.

Was aber sehr wohl gezählt worden ist, sind die Exemplare, die packenweise in den Häusern ankommen und entweder in Wartebereichen der Behörden oder in den Bibliotheken ausgelegt werden. Mehr als 100 Freiabos pro Ministerium sind nicht selten. Lediglich das Finanzministerium und das Justizministerium legen offenbar keine „Behördenspiegel“ aus. Ob diese Praxis nur dann als Sponsoring zu bewerten ist, wenn die Bibliotheken beliefert werden, oder ob alle Exemplare so verstanden werden müssen, wird in den Häusern verschieden gesehen. Im 6. Sponsoringbericht der Regierung taucht der „Behördenspiegel“ nicht gesondert auf, sondern ist in vielen Ressortberichten im Sammelposten „kostenfreie Publikationen unter 5000 Euro Gesamtwert“ enthalten. Damit ist der Bundesrechnungshof nun nicht mehr zufrieden. Insgesamt listet der Sponsoringbericht eine Summe von 1,1 Millionen Euro für kostenlose Publikationen auf. Darin sind auch 40 Exemplare des Tagesspiegels und 30 Exemplare der „Morgenpost“ täglich für das Bundeskanzleramt enthalten.

Die meisten Ministerien sehen in der unverlangten Lieferung des „Behördenspiegels“ jedenfalls eine „aufgedrängte Bereicherung“. Das kann Uwe Proll nicht nachvollziehen. Diese Lieferungen seien „alle abgesprochen“, sagt er. Und wenn das unter Sponsoring fallen sollte, wenn die „Querschnittsprüfung des Bundesrechnungshofes“ abgeschlossen sei, dann werde man eben „Sponsoringverträge abschließen“. Davon gebe es bereits einige.

Das Umweltministerium hat unterdessen entschieden, die unverlangt geschickten Exemplare der Zeitung nicht mehr anzunehmen und stattdessen wenige bezahlte Abonnements für die Bibliotheken der Bundesbehörden und des Ministeriums abzuschließen. Elektronisch gebe es ohnehin Zugriff auf die Texte.

Die Zeitung scheint allerdings auch nicht das wichtigste Standbein des „Behördenspiegels“ zu sein, der seit 25 Jahren in der Pro-Press-Verlagsgesellschaft verlegt wird. Hinter dem Pro-Press-Verlag stehen zwei Privatpersonen in Bonn, die sich vorgenommen haben, „die Modernisierung der Verwaltung“ zu begleiten. Das tun sie mit einer Reihe von mehr oder minder hochkarätig besetzten Kongressen. Mitte März zum Beispiel lädt der „Behördenspiegel“ zum ersten Bundeskongress Glücksspielwesen ein. Angehörige des öffentlichen Dienstes zahlen 39 Euro, Vertreter der Privatwirtschaft 450. Auch der Europäische Polizeikongress, der Demographiekongress und der Bundeskongress Haushaltsmodernisierung gehören dazu. Zudem gibt das Blatt eine Reihe von wöchentlichen Newslettern heraus, zu Themen wie „E-Government“, „Wehrtechnik“ oder Geodaten.

Der Text erschien in der "Agenda" vom 23. Februar 2016, einer Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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