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Bundespräsident Joachim Gauck

© dpa

Vorwürfe gegen Bundespräsident: Ist Joachim Gauck ein Kriegstreiber?

Bundespräsident Joachim Gauck sagt, für den Erhalt von Menschenrechten müsse als letztes Mittel manchmal zu den Waffen gegriffen werden. Kritiker werfen ihm nun Kriegshetzerei vor. Hat Gauck recht? Sollte er sich überhaupt zur Verteidigungspolitik äußern?

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FAKTEN:

•          In einem Interview mit dem Deutschlandfunk hat sich Bundespräsident Joachim Gauck für ein stärkeres Engagement Deutschlands im Ausland ausgesprochen. In diesem Zusammenhang warnte er davor, militärische Interventionen als letztes Mittel nicht im Vorhinein zu verwerfen.

•          Gaucks Äußerungen haben teilweise heftige Kritik ausgelöst. Der brandenburgische Landtagsabgeordnete Norbert Müller (Die Linke) schimpfte ihn einen "widerlichen Kriegshetzer". Jürgen Todenhöfer nannte Gauck einen "Dschihadisten".

Es dürfe durchaus diskutiert werden, ob der Bundespräsident stets zur rechten Zeit die richtigen Themen setze, meint Rolf Seelheim für NDR Info. Der Einsatz militärischer Gewalt zur Befriedung von Konflikten sei mit hohen Risiken verbunden, jedoch ohne Erfolgsgarantie. Zwar müssten auch die Regierenden mit Kritik leben können, "wenn diese jedoch als substanzlose Schmähung daherkommt, sind Grenzen überschritten."

Bundespräsident Gauck habe mit seiner Äußerung zu militärischen Einsätzen der Bundeswehr in etwa das Gleiche gesagt wie vor ihm Fischer, Brandt oder Mandela, schreibt Harald Martenstein im Tagesspiegel. Der Bundespräsident sei für Einsätze, die der Verteidigung von Menschenrechten dienen. "Er ist nicht etwa dafür, in Frankreich einzumarschieren". Öffentliche Kritik müsse sich auf das beziehen, was er tatsächlich sage, und nicht auf Dinge, die ihm in den Mund gelegt würden.

Der Bundespräsident habe es sich bei der Formulierung, Deutschland könne sich nicht ewig hinter der Geschichte des 21. Jahrhunderts verstecken, nicht leicht gemacht. Gerade die deutsche Geschichte müsse Anstoß dazu sein, notleidenden Menschen Schutz und Hilfe zu bieten, findet Michael Stürmer in der Welt. Die 'Kriegstreiber-Kritik' des Abgeordneten der Linkspartei Müller sei daher "unflätig in Ton und Wortwahl, abwegig in der Sache".

Bei Gaucks Äußerungen handele es sich nicht um eine neue Debatte, analysiert Jürgen Reents in neues deutschland. Deutsche Regierungen würden seit über zwanzig Jahren den Einsatz militärischer Mittel als Handlungsoption nicht mehr komplett ausschließen. Die Bombenabwürfe auf Belgrad seien bereits ein Fall gewesen, in dem man zu den Waffen gegriffen hätte. Ob man Gauck nun als überdrehten Gotteskrieger, Kriegshetzer oder Feldprediger bezeichne, "dem unterschiedlichen sprachlichen Temperament gemeinsam ist der wahre Kern".

Das Interview Gaucks sei ein Appell, über die deutsche Verantwortlichkeit im Weltgeschehen nachzudenken, meint Ina Rottscheidt im Deutschlandfunk. In der Debatte gehe es darum, Leitlinien zu finden, an denen sich die deutsche Außenpolitik orientieren könne. Wer darin ernsthaft ein Plädoyer für deutsche Kriegstreiberei und Militarismus sehe, der wolle Gauck bewusst missverstehen, "um das eigene Profil als 'Anti-Kriegs-Partei' zu schärfen. Oder auch nur der 15 Minuten Ruhmes wegen."

"Widerlich ist dieser Umgang mit dem Staatsoberhaupt", schreibt Hartmut Kaczmarek in der Thüringischen Landeszeitung. Mit Joachim Gauck hätte die Linkspartei immer ihre Probleme. Seine Gedanken passten eben nicht zu einer Partei, die jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr rigoros ablehne. Dabei handele es sich bei Gaucks Vorstoß um einen überfälligen Schritt. Die Debatte über die Grenzen der Auslandseinsätze der Bundeswehr sei viel zu lange vertagt worden.

Den Deutschen sei die Verteidigung von Verbündeten und der Schutz schwächerer Staaten nicht sonderlich wichtig, meint Daniel Haufler in der Berliner Zeitung. Vor diesem Hintergrund sei es keine Überraschung, dass der Bundespräsident für seine Äußerungen in Bezug auf militärische Interventionen kritisiert wurde. Man müsse Gaucks zweifachen Hinweis auf "letzte Mittel" allerdings schon überhören, um ihn in diesem Maße beschimpfen zu können. Solche sprachlichen Ausfälle "zeugen nicht gerade von intelligenter politischer Debatte".

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