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Brandenburg: 2. Potsdamer Schlössernacht: Mystik, Donner, Warteschlangen

Nie gebärdete sich die Orangerie von Sanssouci, diese ohnehin effektvolle Huldigung von Friedrich Wilhelm IV. an die italienische Renaissance, theatralischer als im Licht der 2.

Nie gebärdete sich die Orangerie von Sanssouci, diese ohnehin effektvolle Huldigung von Friedrich Wilhelm IV. an die italienische Renaissance, theatralischer als im Licht der 2. Potsdamer Schlössernacht. Auch das Neue Palais - eine wahre Farb-Sinfonie. Über den antikisierenden Kulissen des Ruinenberges schwebte ein riesiger künstlicher Silbermond. In allen Tönen des Regenbogens wechselte die große Fontäne im Parterre der Weinbergterrassen ihre Farben. Das frühklassizistische Marmorpalais im Neuen Garten glimmte mystisch, wie es dem Schloss des Rosenkreuzers Friedrich Wilhelm II. gebührt. Die Symbiose von Licht und Architektur war die Hauptattraktion des Abends: Weltkulturerbe farbig fokussiert.

In ein schöneres Licht hätte sich die Landeshauptstadt kaum rücken können, wäre da nicht doch einiger Grund zu Unmut gewesen. Langes Warten an den Haltestellen der dann proppevollen Shuttlebusse, die die beiden Spielstätten, den Neuen Garten und Park Sanssouci miteinander verbinden sollten, ließ kurzzeitig, aber heftig die Laune sinken. "Typisch Osten, das lernen die hier nie, hieß es da plötzlich wieder", erzählte verärgert Kay Grebs, der mit seiner Familie aus Blankenfelde angereist war, und eine "wahre Odyssee" erlebt hatte, um von der Berliner Vorstadt zum Schloss Sanssouci zu gelangen.

Viele Gäste seien in die ohnehin zur Zeit verkehrstechnisch problematische Innenstadt mit dem PKW angereist, verstopften die Straßen und hätten selber den langen Stau vor dem Nauener Tor verursacht, erklärten hingegen die Organisatoren der Schlössernacht und überlegten, "vielleicht die nächste Veranstaltung doch über zwei Nächte zu strecken". So jedenfalls kam mancher zur geplanten Veranstaltung zu spät, zumal in den Programmheften nicht die Dauer der einzelnen Aufführungen verzeichnet war.

"Wir lassen uns jetzt einfach treiben", sagte der Potsdamer Besucher Hartmut Hiller. "Es ist ohnehin schwierig sich bei den vielen Programmpunkten so schnell zu orientieren. Das Veranstaltungsheft hätte einige Tage vorher erscheinen müssen". Auch die langen Schlangen vor Bierständen und Toiletten waren ein Ärgernis, dennoch blieb die Stimmung insgesamt besser als die Lage.

"Das Ganze ist eine großartige Idee" - Jutta Keller aus einem Dorf nahe Remscheid (Nordrhein-Westfalen) hatte ihren Aufenthalt in Berlin eigens um diese Nacht verlängert. Etliche Gäste von Hamburg bis München waren extra für dieses Ereignis nach Potsdam gekommen. Auch Ministerpräsident Manfred Stolpe nahm sich vier Stunden Zeit, um durch den Park zu streifen. Von Klassik bis Jazz konnte jeder nach seiner Façon an diesem Abend glücklich werden. Traumsicher entführte im Freundschaftstempel das junge Berliner Barockduo "La Cascade" mit alter Musik auf historischen Instrumenten in die Zeit Friedrichs des Großen. Glenn Miller Sound bevölkerte den Vorplatz von Schloss Cecilienhof. Die vier Damen des Quartetts "Samt und Seide" saßen mit güldener Harfe unter dem Portal der Orangerie im Neuen Garten und waren mit ihren glitzernden Kleidern so schön anzusehen wie der Tanz der Elfen im Park Sanssouci, die Feuerjongleure und die Stelzenläufer.

Enttäuschend war eigentlich nur der als ein Sommernachtstraum angekündigte Walzerabend auf den Weinbergterrassen. Die lautstarken Aufforderungen des Tanzmeisters grenzten an Nötigung. Da lauschte man doch lieber in den blutrot illuminierten Römischen Bädern der Schauspielerin Sabine Winterfeld, die aus Chordelos de Laclos "Gefährliche Liebschaften" las oder den frischen Klängen des Landesjugendjazzorchesters auf den Jubiläumsterrassen. Den größten Applaus aber gab es für die sphärischen Klänge des Saxophonisten Richard Wester.

Dabei wäre das Ganze beinahe ins Wasser gefallen. Kaum perlten die ersten Chopintöne über den Heiligen See, wurde der Himmel pechschwarz, Donnergrollen mischte sich mit Pianoklang. Doch weder Publikum noch die Berliner Konzertpianistin Brigitta Wollenweber ließen sich das Vergnügen verhageln. Die junge Musikerin spielte temperamentvoll weiter, während sich die Gäste vor dem Unwetter bis auf die Bühne flüchteten. So nah war die Künstlerin ihrem Publikum wohl noch nie gekommen. Auch die Berliner Kabarettistinnen und Sängerinnen Gerlinde Kempendorff und Angelika Mann mussten ihre ganze Stimmgewalt gegen die Naturgewalten zur Geltung bringen. Die ohnehin langen Schlangen vor den Schlössern wuchsen. Doch tat das launische Wetter der Stimmung keinen Abbruch, im Gegenteil, es webte ein Band fröhlicher Solidarität.

"Nun sitzen wir alle in einem Boot, und werden durchhalten", sagte ein Besucher. Gegen Mitternacht strömten alle über die mit Petroleumlampen ausgeleuchteten Wege zum Neuen Palais, wo ein perfekt inszeniertes Feuerwerk rhythmisch das Deutsche Filmorchester Babelsberg mit der Filmmusik aus "Jurassic Park" und "Indiana Jones" begleitete. "Oh happy day" - alles in allem konnte man am Schluss in den Gesang der Sopranistin Brenda Jackson einstimmen.

Hanne Bahra

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