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Brandenburg: Altbauten in der Deckungslücke

Brandenburg beklagt die Streichung von Bundesprogrammen – lässt den Denkmalschutz aber seit Jahren selbst im Stich

Potsdam. In Brandenburg droht weiterhin tausenden Denkmalen wie Dorfkirchen, Gutshäusern und Fachwerkhäusern der Verfall. Nachdem die Landesregierung in den letzten Jahren die Denkmalförderung systematisch abgebaut hat, ist Brandenburg darin mittlerweile Schlusslicht in Ostdeutschland. Und Besserung ist nicht in Sicht, obwohl es ein reiches Erbe an rund 40 000 Denkmalen gibt, von denen nach vorsichtigen Schätzungen jedes vierte gefährdet ist. „Es ist das einzige Land dieser Republik, in dem die Landesdenkmalpflege keinen Etat hat, um auf akute Notfälle reagieren zu können und private Denkmaleigner zu unterstützen“, sagt Landeskonservator Detlef Karg. Eine Klage des Hüters des historischen Erbes seit Jahren – ohne Resonanz in Politik. Alle anderen Länder hätten wenigstens einen Denkmalfonds, für den jährlich acht bis zehn Millionen Euro zu Verfügung stünden.

Diesen Fonds gab es auch in Brandenburg einmal. Bis er 1995 unter dem damaligen Kulturminister und SPD-Landesvorsitzenden Steffen Reiche trotz vieler Warnungen abgeschafft wurde – auf Druck der mächtigen Kommunallobby. Das Geld wurde den Gemeinden fortan direkt ausgezahlt; und prompt für andere Zwecke verwendet. Karg: „Eine Fehlentscheidung, die sich rächt.“ Zwar unternimmt Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) gerade wieder einen neuen Anlauf, im Zuge der geplanten Novelle des Landesdenkmalschutzgesetzes einen solchen Fonds aufzulegen, um finanzielle Mehrbelastungen für Eigentümer von Denkmalen mildern zu können. Angesichts des Milliardendefizits im Landeshaushalt stehen die Chancen jedoch eher schlecht, zumal der Fonds durch Innenministerium und Bauministerium mitfinanziert werden müsste.

Es sieht also ganz so aus, als ob die Möglichkeiten der Denkmalpflege, Investoren und Eigentümern finanziell unter die Arme zu greifen, in Brandenburg bescheiden bleiben werden: Es ist laut Karg das einzige Bundesland, in dem sich der jährliche Denkmaletat des Kulturministeriums – von ohnehin bescheidenen 2,5 Millionen Euro – allein darauf beschränkt, Bundesprogramme zu kofinanzieren. Dies erklärt auch, warum hier der Aufschrei gegen die geplante Streichung des Bundesprogramms „Dach und Fach“ – das faktisch die halbe Denkmalförderung Brandenburgs ausmacht – besonders laut ausfällt. „Die Auswirkungen wären verheerend“, bestätigt Karg. Trotz des bescheidenen Volumens von 2,4 Millionen Euro, je zur Hälfte von Bund und Land finanziert, konnten damit allein 2003 immerhin rund 50 Projekte in Brandenburg gefördert werden – ein Bauvolumen von 4,8 Millionen Euro. 80 Projekte waren fürs kommende Jahr geplant. Mit dem Programm werde mit geringen Summen eine große Wirkung erreicht, mit Effekten für Bauwirtschaft und Tourismus, mahnt auch Kulturministerin Johanna Wanka (CDU). Das Geld fließt zumeist in die Sanierung maroder Dorfkirchen wie in Rogäsen oder Weseram im Havelland, aber auch in wichtige Vorhaben wie die Rettung des früheren Musterlandguts der Berliner Industriellenfamilie Borsig in Groß Behnitz nahe Nauen, wo man nun um den Förderbescheid für das kommende Jahr zittern muss.

Doch während im Land die jahrelangen Klagen der Denkmalpfleger ungehört verhallten, zeigen die Proteste beim Bund bereits Wirkung. Aus dem Kulturstaatsministerium heißt es inzwischen, die Fördermittel aus dem Programm „Dach und Fach“ sollten nicht verloren gehen, sondern aus anderen Programmen zur Verfügung gestellt werden. Aber selbst wenn – an der prekären Lage der Brandenburger Denkmalpflege würde ein Einlenken des Bundes nichts ändern. Landeskonservator Karg hat in den letzten Jahren leidvoll erfahren müssen, dass jeder Vorstoß für eine Trendwende in der Landespolitik scheiterte. Brandenburgs „Ruinen-Denkmalpfleger“, so hat er sich einmal sarkastisch genannt.

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