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Brandenburg: Anti-Folter-Komitee prangert BGS an

Misshandlungen in Schönefeld

Von Sandra Dassler

Schönefeld / Straßburg. „Uns ist kein solcher Fall bekannt“ – der Sprecher des Bundesgrenzschutzes (BGS) von Berlin-Brandenburg war ehrlich überrascht. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hatte deutschen Polizisten und BGS–Beamten vorgeworfen, bei Abschiebungen von Ausländern und Festnahmen häufig unnötig Gewalt anzuwenden. Der gestern in Straßburg veröffentlichte Bericht geht auf eine Inspektionsreise im Dezember 2000 zurück.

Die Delegation kritisiert unter anderem die Behandlung einer Nigerianerin am Flughafen Berlin-Schönefeld. Die Frau sei mit Händen und Füßen auf einer Holzbank festgeschnallt und so ins Flugzeug getragen worden. Dabei habe ihr ein BGS-Beamter einen Finger auf die Nase und einen auf den Hinterkopf gedrückt. Dieser „Kopfhaltegriff“ werde vom BGS als „übliche Methode“ bezeichnet. Laut Bericht weigerte sich der Kapitän, die Frau unter diesen Umständen zu transportieren. Daraufhin sei sie aus dem Flugzeug geholt und unter Schlägen wieder in die Abschiebzelle gebracht worden.

„Wenn es einen solchen Vorfall gegeben hat, werden wir ihn sehr ernst nehmen“, sagte der BGS-Sprecher. Der Bericht der Anti-Folter-Kommission enthält nach Tagesspiegel-Recherchen aber bereits eine Stellungnahme der deutschen Regierung zu den Vorwürfen, die den zuständigen Stellen beim Bundesgrenzschutz offensichtlich noch nicht bekannt ist.

Flüchtlingsorganisationen wie „Pro Asyl“ hatten besonders nach dem Tod des Sudanesen Aamir Ageeb während eines Fluges im Jahr 1999 auf „unmenschliche Abschiebepraktiken“ hingewiesen. BGS-Beamten wird in diesem Zusammenhang Gewaltanwendung vorgeworfen. Die Pilotenvereinigung Cockpit empfahl danach ihren Kapitänen, den Transport von gefesselten oder unter Beruhigungsmitteln stehenden Asylbewerbern abzulehnen. Auch der Flüchtlingsrat Brandenburg beklagt mehrere Fälle von inhumanem Verhalten durch BGS-Beamte bei Abschiebungen.

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