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So fing alles an. Das Modell eines Langhauses im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zeigt die beginnende Sesshaftigkeit in der Region während der Jungsteinzeit mit Ackerbau, Viehzucht und Waldnutzung. Die Kulturpflanzen jener Zeit kamen ursprünglich aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ – heute Syrien und Irak.

© J.Lippok/BLDAM

Archäotechnica in Brandenburg: Die Erbsen aus der Asche

Wie Nutzpflanzen aus der Frühen Steinzeit unsere Region verändert haben: Eine Spurensuche anlässlich der Bundesgartenschau und der Archäotechnica

Vor rund 7000 Jahren haben bei Lietzow im heutigen Landkreis Havelland Menschen offenbar Emmer, eine der ältesten Getreidearten, angebaut. Das bezeugt ein Fund von verkohlten Emmer-Körnern in einem Erdofen bei Lietzow. Eine interessante Entdeckung, ist der Emmer doch eine der frühesten Kulturpflanzen der Menschheit und ursprünglich in Mesopotamien beheimatet, wo man ihn schon vor 10 000 Jahren anpflanzte.

Wild wächst Emmer heute noch in der Südosttürkei, in Syrien, im Libanon, in Jordanien, Palästina, Israel und im östlichen Irak und Iran, womit der Name „Fruchtbarer Halbmond“ Bedeutung bekommt. Interessant ist der Fund von Lietzow insofern, als er der älteste Nachweis von Getreideanbau in Brandenburg ist – und beweist, dass dieses Getreide aus dem Nahen Osten in unsere Region gekommen sein muss.

In der Jungsteinzeit ab 5300 vor Christus begannen die Menschen in unseren Breiten, sesshaft zu werden und sich nicht mehr nur von dem zu ernähren, was man in den dichten Wäldern sammeln oder an Tieren jagen konnte. Damit einher ging ein Anstieg der Bevölkerung aufgrund der besseren Versorgungslage. Dass der Emmer kein Zufallsfund war, beweisen die verkohlten Erbsen aus dem gleichen Erdofen.

Heute wissen wir, dass die Erbse eines der weltweit ältesten Gemüse und eine der ersten Hülsenfrüchte Europas ist. Die ältesten Funde wurden in Aswad in Syrien gemacht und sind etwa 10 000 Jahre alt. Bereits 1000 Jahre später, also 7000 vor Christus, wird sie in Zypern nachgewiesen und bald darauf im gesamten Ägäisraum.

Immer wieder wurden Leinenreste aus der Jungsteinzeit gefunden

Dies deutet darauf hin, dass viele Pflanzen in der Jungsteinzeit erstmals kultiviert wurden und aus dem Bereich des heutigen Syrien und Irak nach Mitteleuropa gelangt sind, erklärt Juliane Lippok vom Archäologischen Landesmuseum Brandenburg im Paulikloster. „Die Ausbreitung der Nutzpflanzen verläuft überall ähnlich.“

Zu weiteren heute noch bekannten Pflanzen, die hier heimisch wurden, zählen die Blasenkirsche (Physalis) – die viele Menschen wegen ihrer orange gefärbten Lampions eher als herbstliche Zierpflanze kennen – oder der Lein als Lieferant des Leinöls. Der andere Name für Lein ist Flachs – daher ist eine doppelte Nutzung naheliegend.

Zwar können die Körner nicht so gut nachgewiesen werden, dafür aber die Fasern, die aus dem Lein gewonnen werden. So wurden immer wieder Faserreste aus der Jungsteinzeit gefunden, die aus Flachs hergestellt wurden. Auch der Lein gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und war wahrscheinlich gerade wegen seines doppelten Nutzens populär. Seine Wurzeln liegen ebenfalls in Mesopotamien, von wo aus sich die Kenntnis von der Pflanze durch Handel und Migration Richtung Europa verbreitete.

Das giftige Bilsenkraut war ein Rauschmittel

Ebenfalls ein hier genutzter Exot ist das giftige Bilsenkraut, das außer in Europa auch in Nordafrika, China und Indien bekannt ist. Genutzt wurde die Pflanze wegen ihrer Alkaloide als Heilmittel oder psychoaktive Droge. Doch woher weiß man das – gibt es doch keine schriftlichen Quellen aus dieser Zeit? „Das geschieht durch archäobotanische Zusammenhänge“, sagt Juliane Lippok. „Es kommt immer auf den Fundkontext und den Vergleich mit anderen Kulturen an. Dass Bilsenkraut zum Essen ziemlich ungeeignet ist, liegt auf der Hand.“

Der Wildapfel verbreitete sich wegen der vielen Rodungen

So fing alles an. Das Modell eines Langhauses im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zeigt die beginnende Sesshaftigkeit in der Region während der Jungsteinzeit mit Ackerbau, Viehzucht und Waldnutzung. Die Kulturpflanzen jener Zeit kamen ursprünglich aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ – heute Syrien und Irak.
So fing alles an. Das Modell eines Langhauses im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zeigt die beginnende Sesshaftigkeit in der Region während der Jungsteinzeit mit Ackerbau, Viehzucht und Waldnutzung. Die Kulturpflanzen jener Zeit kamen ursprünglich aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ – heute Syrien und Irak.

© J.Lippok/BLDAM

In welcher Form die Brandenburger der Jungsteinzeit die neuen Nutzpflanzen verwendeten, lässt sich durch Pollenanalysen entziffern. „Mit ihrer Hilfe können wir die Landschaft analysieren, herausfinden, wo der Mensch eingegriffen, gerodet und Felder angelegt hat“, sagt Lippok.

So weiß man zum Beispiel auch, dass der Wildapfel ein einheimisches Gewächs ist, das sich besonders am sonnigen Waldrand wohlfühlt. Durch die vermehrte Rodung wurden die Waldränder zahlreicher, Apfelbäume fanden dort günstige Wachstumsbedingungen und wurden von den Menschen gepflegt. Ein erster Schritt auf dem Weg zur Kultivierung. Den Wildapfel hat man durch verkohlte Funde aus der Zeit von rund 3000 vor Christus nachgewiesen – wahrscheinlich gescheiterte Versuche, die Früchte zu Dörrobst zu verarbeiten.

Zur Römerzeit kamen Kümmel, Kreuzkümmel und Koriander über die Alpen

In der Bronzezeit kamen weitere Nutzpflanzen hinzu: die Rispenhirse, die lange haltbar ist, sowie die Eselsdistel als Heil- und Nahrungsmittel. Der Mohn tauchte vermehrt auf, eine Nutzpflanze die überraschenderweise in Westeuropa kultiviert wurde und auch der Waid, den man zum Färben nutzte.

Eine weitere Ausbreitung von Nutzpflanzen in der Region erfolgte zur Römerzeit, wo vor allem Kümmel, Kreuzkümmel sowie Koriander, Wein und Feigen nach Brandenburg gelangten.

Vieles von all dem ist vergessen oder für uns heute selbstverständlich. Dennoch lohnt es sich darüber nachzudenken, woher viele dieser Pflanzen kamen – aus dem Nahen Osten. Insofern verbindet uns mit dieser Region mehr als wir zu wissen glauben. Auf der Archäotechnica werden Experten diese Geschichte der Nutzpflanzen und ihrer Anwendungen in Brandenburg anschaulich erzählen und demonstrieren, nachdem 2014 historische Kunst- und Handwerkstechniken vorgestellt wurden.

Tipps zur Sonderausstellung "Neu ist nur das Wort"

So fing alles an. Das Modell eines Langhauses im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zeigt die beginnende Sesshaftigkeit in der Region während der Jungsteinzeit mit Ackerbau, Viehzucht und Waldnutzung. Die Kulturpflanzen jener Zeit kamen ursprünglich aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ – heute Syrien und Irak.
So fing alles an. Das Modell eines Langhauses im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zeigt die beginnende Sesshaftigkeit in der Region während der Jungsteinzeit mit Ackerbau, Viehzucht und Waldnutzung. Die Kulturpflanzen jener Zeit kamen ursprünglich aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ – heute Syrien und Irak.

© J.Lippok/BLDAM

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg zeigt noch bis zum 11. Oktober aus Anlass der Buga 2015 die Sonderausstellung „Neu ist nur das Wort: Globalisierungen bei Nutzpflanzen von der Vorgeschichte bis in die Neuzeit“.

Damit ist der Schwerpunkt für die diesjährige Archäotechnica gesetzt: „Die Kulturgeschichte der Nutzpflanzen“; 22./23. August, 10–17 Uhr. Eintritt: fünf Euro, erm. 3,50 Euro, Familien zehn Euro (Kinder unter zehn Jahren frei). Archäologen und andere Experten zeigen die Anwendung von Nutzpflanzen.

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