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Brandenburg: „Auf tiefster Stufe stehend“

Prozess zu rechtsextremem Gewaltexzess hat in Frankfurt begonnen. Staatsanwalt: Täter quälten ihr Opfer aus purer Lust

Von Frank Jansen

Frankfurt (Oder) - Was der Staatsanwalt vorträgt, klingt so grausig, dass selbst zwei altgediente Justizwachmeister entsetzt auf die Angeklagten blicken. Mit fester Stimme liest Jörg Tegge der Jugendkammer des Landgerichts Frnakfurt (Oder) vor, welche Tat den drei Männern und zwei Frauen vorgeworfen wird. „Aus angemaßter Rächerrolle, aus auf tiefster Stufe stehender, menschenverachtender, dumpfer rechtsextremistischer Einstellung und aus purer Lust" hätten Ronny B., David K. und Daniel K. am 5. Juni 2004 den 23-jährigen Gunnar S. zweieinhalb Stunden gequält und mit mehreren Gegenständen sexuell misshandelt. Angeblich wollten die drei Männer das Opfer wegen einer „versuchten Vergewaltigung“ bestrafen – für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Ronny B. soll zur Tatzeit wegen der zuvor konsumierten Alkoholika und anderer Drogen vermindert schuldfähig gewesen sein.

Die beiden Frauen hätten bei dem Gewaltexzess in einer Frankfurter Wohnung die drei Rechtsextremisten, so der Staatsanwalt, „durch Beifallskundgebungen und Gelächter“ unterstützt. Das von Daniel K. als „nicht arisch“ bezeichnete Opfer habe lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Der Staatsanwalt wertet die Taten unter anderem als gefährliche Körperverletzung, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung und Nötigung. Den Frauen wird Beihilfe vorgeworfen.

Das Opfer ist zum Prozessauftakt nicht erschienen. Der Anwalt von Gunnar S. sagt, so einen Fall habe er noch nie erlebt. Sein Mandant müsse weiterhin ärztlich behandelt werden und sei schwer traumatisiert. Die meisten Angeklagten wirken indes selbst bei den schrecklichsten Details, die Tegge schildert, unbeteiligt. Der wuchtige, 29 Jahre alte Ronny B. legt die Arme auf den Tisch und faltet die Hände. Neben ihm sitzt, mit starrem Blick, der 21-jährige Daniel K. Dann kommt David K., ein 23 Jahre alter, kräftiger Glatzkopf, der etwas nervös vor- und zurückwippt. Die 25-jährige Ramona P. schüttelt den Kopf und zieht die Augenbrauen hoch, als rede der Staatsanwalt Blödsinn. In der zweiten Reihe sitzt Stephanie L., 20 Jahre alt. Sie blickt trotzig vor sich hin. Andere Regungen sind in ihrem Gesicht nicht zu erkennen.

Ronny B. und der auch als NPD-Sympathisant aufgefallene David K. sind Intensivtäter, die seit den Neunzigerjahren in Frankfurt wüten. Die Liste ihrer Delikte liest sich wie das Inhaltsverzeichnis des Strafgesetzbuchs: Raub, gefährliche Körperverletzung, Diebstahl, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigung, Nötigung, Beleidigung, Bedrohung, vorsätzlicher Vollrausch, Trunkenheit am Steuer, Fahren ohne Fahrerlaubnis, räuberische Erpressung und immer wieder Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, zu Deutsch: Hitlergruß, Sieg-Heil-Gebrüll und Ähnliches. Die Opfer waren Ausländer, Linke, deutsche Durchschnittsbürger, Polizisten. Selbst mehrjährige Haft konnte die beiden Rechtsextremisten nicht stoppen. Ronny B. hat mindestens sechs Jahre gesessen, David K. ungefähr drei Jahre. „Die sind im Gefängnis noch härter geworden“, sagt ein Ermittler.

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