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Brandenburg: Babelsberg wachgeküsst

Erstmals seit Jahrzehnten ist das Schloss gegenüber der Glienicker Brücke wieder für Besucher geöffnet

Potsdam – In den vergangenen Jahrzehnten war es vom Zentrum an den Rand der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Jetzt ist das Schloss Babelsberg oberhalb des Tiefen Sees mit Blickrichtung zur Glienicker Brücke erstmals seit langem wieder für Besucher geöffnet.

Die Grenzziehung zwischen Ost und West und der Mauerbau 1961 hatten den Babelsberg weitgehend zum Sperrgebiet gemacht. Bis heute liegt das einst zu den bekanntesten Schlössern in Berlin und Brandenburg zählende Anwesen abseits der Touristenrouten. Bis auf die herrliche Aussicht auf die Havel lohnte sich bis vor kurzem auch der kleine Aufstieg nicht, denn die Türen des zwischen 1834 und 1849 in zwei Bauphasen fertig gestellten Hauses waren verschlossen. Dank der Ausstellung „Marmor, Stein und Eisen bricht“ kann ein Teil des Schlosses bis zum 27. September nun besichtigt werden.

Der Besucher spaziert zwar nur durch sechs der insgesamt etwa 100 Räume. Aber diese stecken voller Geschichte und Überraschungen. Es handelt sich um die Wohnräume der Prinzessin und späteren Kaiserin Augusta von Sachsen-Weimar, die sich bei der Gestaltung aller Räume und der Außenarchitektur mit eigenen Zeichnungen beteiligt hatte. Der eigentliche Entwurf des Schlosses stammt von Karl Friedrich Schinkel, dem nach dessen Tod Ludwig Persius folgte.

Erstmals wieder am angestammten Platz steht der Schreibtisch der Kaiserin. Er war nach Kriegsende so wie große Teile des Inventars erheblich beschädigt worden. Andere Stücke wurden geraubt oder zerlegt. Die Rote Armee hatte nach der Einnahme Potsdams den Babelsberg abgeriegelt und sich hier einquartiert. Einige Kunstwerke dürften als Beutekunst verschleppt worden sein. Andere Teile vermutet die amtliche Schlossherrin Ulrike Gruhl in Potsdamer oder Berliner Wohnungen. „Vielleicht nehmen die Menschen die Ausstellung zum Anlass, uns einige der nach dem Krieg aus dem Schloss gestohlenen Exponate zurückzubringen“, sagt die Kastellanin und verweist auf überraschende Gaben in den vergangenen Jahren.

Der Schreibtisch der Kaiserin von 1851 ist nach Meinung der Restauratoren mutwillig zerstört worden. Mühevoll stellten sie den ursprünglichen Zustand her und entdeckten dabei auch den Mechanismus zum Öffnen von sechs Geheimfächern. 80 Prozent der rund 400 Gemälde wurden in den ersten Jahren nach dem Krieg gestohlen. Darunter befand sich auch das 1867 entstandene Bild von Pauline Soltau „Bonne mit einem Kind“. Kürzlich tauchte eine frühere Version des Gemäldes in einer Antiquitätensendung des NDR auf. Experten stellten eine Ähnlichkeit mit dem vermissten Bild aus Babelsberg fest. Die Schlösserstiftung erwarb das Werk, heute schmückt es hier eine große Wand.

Den größten Schaden nahm das Schloss beim 1948 begonnenen Umbau zu einer Schule für Richter. Fußböden und Treppen wurden herausgerissen. Von den prachtvollen Kaminen blieben nur Fotos. Bruchstücke fanden Bauleute vor drei Jahren in der Aufschüttung einer Klärgrube. Die Freude war groß, konnten doch nun anhand der Muster Ersatzkamine gebaut werden. Noch steht nicht fest, wann das ganze Schloss wieder im alten Glanz erstrahlt. Auf 35 Millionen Euro werden die Kosten für eine Generalsanierung geschätzt, bisher wurden seit 1990 rund 20 Millionen ausgegeben.

Schloss Babelsberg, Di bis So 10 – 17 Uhr. Eintrittt 3 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Auskünfte unter www.die-kunst-zu-bewahren.de und unter www.spsg.de

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