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Brandenburg: Bakschisch für den Bürgermeister

Stadtoberhaupt von Eberswalde wegen Bestechlichkeit zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt

Eberswalde/Potsdam - Die Stadt Eberswalde muss sich wohl auf eine baldige Neuwahl des Bürgermeisters einstellen. Der bisherige Amtsinhaber Reinhard Schulz (parteilos) ist am Dienstag vom Landgericht Potsdam wegen Untreue und Bestechlichkeit zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem darf er für drei Jahre keine öffentlichen Ämter bekleiden. 15 000 Euro Schmiergeld, das er von einem österreichischen Bauunternehmer bezogen haben soll, muss er an die Staatskasse zahlen.Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung gefordert. Noch im Gerichtssaal kündigte Schulz Berufung gegen das Urteil an. Er halte sich für unschuldig und habe stets nur das Beste für seine Stadt gewollt, sagte der 53-Jährige, der das Bürgermeisteramt seit 1995 innehat.

Den Kontoauszug einer Salzburger Bank hält das Gericht für den entscheidenden Beweis für die Bestechlichkeit des Kommunalpolitikers. Am 12. Mai 1998 überwies die Frau des österreichischen Bauunternehmers Josef Brandstetter auf das Privatkonto der Familie Schulz in Eberswalde 30 000 Mark. „Optionsgeld Grundstück Finowfurt“, hieß es unter „Verwendungszweck“. Zu dieser Zeit war die Firma Brandstetter in den 50 Kilometer nördlich Berlins gelegenen Orten Eberswalde und Finowfurt groß im Geschäft. Sie wollte unter anderem den einstigen russischen Flugplatz ausbauen. Im Zentrum von Eberswalde entstand unter ihrer Regie ein stattliches Wohn- und Geschäftshaus.

Um eine Baugenehmigung zu erhalten, mussten die Investoren damals auch ausreichend Parkplätze nachweisen. Wer dies nicht konnte oder wollte, zahlte an die Stadtkasse eine so genannte Ablösesumme. Im Fall des Wohn- und Geschäftshauses der Brandstetters verringerte sich der 1997 verlangte Betrag im Laufe des Jahres 1998 von ursprünglich 123 500 Mark auf nur noch 59 800 Mark. Der Bürgermeister unterschrieb nach Auffassung des Gerichts in einer „rechtswidrigen Diensthandlung“ entsprechende Verträge mit den Brandstetters. Noch höher fiel der Schaden für die Stadt bei der Rathauspassage aus. Hier sparte eine andere Baufirma 1998 gleich 307 000 Mark Ablösesumme, die dafür verschiedene Feste unterstützte und das Rathaus schmückte.

Bürgermeister Schulz redete seine Macht nach der Urteilsverkündung gestern klein. „Diese Verträge sind durch mehrere Rathausabteilungen gegangen und geprüft worden“, sagte er, „da konnte ich gar nichts allein entscheiden.“ Mit den verringerten Ablösesummen für die Stellplätze habe er nur ein „investorenfreundliches Klima“ in der Stadt schaffen wollen. Außerdem sei Anfang 1998 eine neue Brandenburger Bauordnung verabschiedet worden, die individuelle Verträge zwischen den Kommunen und den Bauherren erlaube.

Das Landgericht ließ sich von dieser Argumentation nicht beeindrucken. Es habe kein Grund bestanden, rechtsgültige Verträge über Ablösesummen nachträglich zu ändern. „Hier ist der Stadt ein erheblicher Schaden entstanden“, erklärte das Gericht. Außerdem habe der Bürgermeister versucht, um die von den Brandstetters an ihn gezahlten 30 000 Mark eine „Legende“ zu spinnen. Laut Schulz war das Geld eine Anzahlung für den Erwerb eines seiner Schwiegermutter gehörenden Grundstücks in Finowfurt. Es gebe keinen Zusammenhang mit den verringerten Ablösesummen für die Stellplätze. Als die Staatsanwaltschaft Ende 1998 gegen Josef Brandstetter wegen Korruption und Subventionsbetrug ermittelte und ihn zeitweise in Untersuchungshaft nahm, zahlte Schulz die 30 000 Mark zurück. Das Verfahren gegen Brandstetter läuft noch.

Als Nächstes wird sich die Kommunalaufsicht des Kreises Barnim mit Schulz’ Fall beschäftigen. Es könnte ihn aus dem Amt weisen und Neuwahlen ansetzen. Doch zunächst solle die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden, hieß es bei der Kommunalaufsicht.

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