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Brandenburg: Barockes Kulissentheater: Neuzeller Schätze in der alten Panzerhalle

Das Urteil des obersten Brandenburger Denkmalschützers steht fest: "So etwas gibt es in Mitteleuropa nicht ein zweites Mal." Professor Detlef Karg, der den offiziellen Titel "Landeskonservator" trägt, spricht in höchsten Tönen von großen Holztafeln mit Figuren, Landschaften und Schriften.

Das Urteil des obersten Brandenburger Denkmalschützers steht fest: "So etwas gibt es in Mitteleuropa nicht ein zweites Mal." Professor Detlef Karg, der den offiziellen Titel "Landeskonservator" trägt, spricht in höchsten Tönen von großen Holztafeln mit Figuren, Landschaften und Schriften. Sie stammen aus dem Kloster Neuzelle in Ostbrandenburg und befinden sich seit einigen Tagen in Obhut von Karg. In dem von ihm geführten Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf werden die um 1750 entstandenen Kunstwerke restauriert. Auf ihnen wurde den Kirchenbesuchern in der Karwoche die Leidensgeschichte Christi vorgestellt. Das letzte Mal stand das barocke Kulissentheater vermutlich 1866 in der Stiftskirche.

"Wir wussten schon, welcher Schatz da jahrelang im Kirchturm lagerte", sagt Professor Karg. "Aber bislang fehlte das Geld für die aufwendigen Reparaturen." Dieses Problem hat er zusammen mit dem Neuzeller Stiftungsdirektor Walter Ederer gelöst. Aus dem Aufbauprogramm des Bundes "Kultur in den neuen Ländern" werden 650 000 Mark für die Restaurierung von vorerst 50 Bildtafeln und Leinwänden zur Verfügung gestellt. Insgesamt umfasst der Neuzeller Schatz rund 220 Einzelteile.

Die bemalten Holztafeln sind bis zu vier Meter hoch. Hier erweisen sich die neuen und anfangs durchaus skeptisch aufgenommenen Arbeitsräume des Denkmalpflegeamtes, zu dem auch das Archäologische Landesmuseum gehört, als großer Vorteil. Denn die Restauratoren arbeiten in Wünsdorf in ehemaligen Panzer- und Lkw-Hallen. Bis 1994 stand hier schwere Technik des Oberkommandos der russischen Streitkräfte für Ostdeutschland. Daran erinnert heute nichts mehr. Helle Wände, große Fenster und viel Platz erleichtern die Arbeit. Das versichert der für die Neuzeller Arbeiten zuständige Restaurator Werner Ziems. Er behandelt die Werke zusammen mit der Praktikantin Dorothea Laab fast so vorsichtig wie rohe Eier. "Nicht nur wegen der Einschätzung durch unseren Chef", meint Ziems. "Die Neuzeller Stücke sind wirklich eine Rarität." Vor allem Feuchtigkeit habe den rund 250 Jahre alten Stücken arg zugesetzt.

Mit den 220 Einzelteilen konnte die Passionsgeschichte in 15 Szenen auf einer Bühne nachgestellt werden. Hier wurde allerdings nicht gespielt, sondern das Kulissentheater diente lediglich der Betrachtung und dem Gebet. Rund 100 lebensgroße Figuren ergänzten die Darstellung. Nirgendwo sonst ist bislang eine derart vollständige Darstellung des Heiligen Grabes bekannt geworden. Deshalb sollen die restaurierten Teile wieder zurück nach Neuzelle. Platz wäre auf dem Klostergelände genügend, zumal die Zukunft des hier heimischen deutsch-polnischen Gymnasiums auf der Kippe steht. Neuzelle könnte also einen neuen Anziehungspunkt vertragen. "Einzigartig in Mitteleuropa" wäre für die Kulissenteile wohl der richtige Werbespruch.

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