zum Hauptinhalt

Brandenburg: Bauboom an der Neißemündung

Ratzdorf acht Monate nach dem Hochwasser: Spielplatz dank Michael-Jackson-SpendeVON CLAUS-DIETER STEYER RATZDORF.Michael Jackson gehörte während des Hochwassers im vergangenen Sommer zu den größten Spendengebern für die Oderregion.

Ratzdorf acht Monate nach dem Hochwasser: Spielplatz dank Michael-Jackson-SpendeVON CLAUS-DIETER STEYER RATZDORF.Michael Jackson gehörte während des Hochwassers im vergangenen Sommer zu den größten Spendengebern für die Oderregion.35 000 Mark schickte der Popstar nach Ratzdorf am Zusammenfluß von Oder und Neiße.Der Kindergarten des damals besonders im Medieninteresse stehenden Ortes sollte das Geld für seinen Wiederaufbau verwenden.Die Sache hatte nur einen Haken.Das 320 Seelen zählende Dorf besaß gar keinen Kindergarten mehr.Er war zwei Jahre zuvor mangels Nachfrage geschlossen worden. Doch die Gemeindevertretung reagierte schnell.Das Geld von Jackson sollte wie gewünscht den Kindern des Ortes zugute kommen.Also wurde das Projekt eines Spielplatzes geboren.Den Winter über entstand ein Bau- und Finanzierungsplan, denn die 35 000 Mark des großzügigen Spenders allein reichten nicht aus.Geld von anderen Spendenkonten und aus staatlichen Hilfsprogrammen kamen hinzu.Mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen begannen am Ortseingang die Bauarbeiten.Im Mai soll Eröffnung gefeiert werden. Der Lärm der Baumaschinen vermischt sich dieser Tage mit dem Krach von Baggern, Kippern und schweren Lkw an anderen Plätzen des Ortes.Ganz Ratzdorf gleicht einem Bienenschwarm.Abwasserleitungen werden verlegt, Häuser erhalten neue Fassaden, aus den Vorgärten verschwinden die Hinterlassenschaften der letzten Monate, Wege und Straßen verlieren ihre Holperstrecken und bald soll eine internationale Begegnungsstätte Gestalt annehmen, wo Reisende preiswert übernachten können.Neben Bauleuten aus der Umgebung sind auffällig viele Einwohner in Arbeitskleidung unterwegs.Gleich zwei nach dem Oderhochwasser ins Leben gerufene ABM-Gesellschaften bieten Jobs in nicht erwarteter Zahl. 20 vorher arbeitslose Ratzdorfer sind beim örtlichen ABM-Projekt angestellt, andere haben Verträge mit einer Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsgesellschaft aus dem nahen Eisenhüttenstadt abgeschlossen.Der an dieser Stelle letztendlich erfolgreiche Kampf gegen Oderfluten hat Ratzdorf wie auch anderen Orten der Region zu einem in diesem Ausmaß unerwarteten Aufschwung verholfen.Niemand in der Umgebung mißgönnt ihnen die Entschädigung für die dramatischen Tage während der Flut."Wir nehmen mit unserer Aufräumarbeit keinem Handwerksbetrieb die Aufträge weg", sagt ABM-Projektleiter Manfred Rösler."Im Gegenteil.Sie profitieren von unserer Arbeit." Im bewußten Kindergarten wird der Kampf gegen das Wasser noch einmal lebendig.Vier Frauen vom örtlichen ABM-Trupp tragen Fotos, Zeitungsausschnitte und persönliche Erinnerungen für eine Dokumentation zusammen.Auf den Fotos taucht immer wieder das Pegelhäuschen auf.Die über Wochen festgehaltenen Zahlenangaben geben wie auf einer Fieberkurve das Hoffen und Bangen der Leute hinter dem Deich wieder.Am 17.Juli erreichte die Flut aus Polen kommend in Ratzdorf das Brandenburger Gebiet.6,20 Meter zeigte der Pegel; fast vier Meter über normal. Über Nacht begann der Bau eines Dammes aus Sandsäcken in der Dorfmitte.Dennoch drang das Wasser in die ersten Gärten ein.Am 18.Juli war das fast unmittelbar am Oder-Neiße-Zusammenfluß gelegene Wohnhaus nur noch über Stege zu erreichen.Stündlich stieg am 18.Juli das Wasser um drei Zentimeter.Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die aus heutiger Sicht etwas zu spät alarmierte Bundeswehr verhindern mit letzter Kraft die Katastrophe.Andere Fotos zeigen die Politprominenz an der Seite von Bürgermeisterin Ute Pretzel.Der Bundespräsident, der Kanzler, Brandenburgs Regierungschef und Bundesminister gaben sich die Klinke in die Hand. Am 24.Juli zeigte der Pegel mit 6,89 Meter den Höchststand.Zwei Wochen später konnte Entwarnung gegeben werden.Das Wasser fiel auf einen ungefährlichen Wert.An die dramatische Zeit erinnert heute nur noch eine kleine Schautafel am Pegelhäuschen und ein Deich aus Sandsäcken."Meier-Wall" wird dieser genannt - nach dem Namen des Kommandeurs der eingesetzten Bundeswehreinheit.Das vor einem dreiviertel Jahr fast völlig in den Fluten versunkende Wohnhaus an der Flußmündung weist keinerlei Schäden mehr auf.Der Pegel steht bei beruhigenden 3,75 Meter.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false