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schnecken

© Kickinger

Beelitz: Nachwuchs für den Kochtopf

Seit zwei Jahren züchtet Jan Kickinger in Beelitz Weinbergschnecken für Feinschmecker-Restaurants. Mit 60.000 Weichtieren hat er angefangen, inzwischen sind es zwei Millionen.

Von Matthias Matern

Beelitz - Was jeden Gartenfreund auf die Barrikaden treibt, lässt bei Jan Kickinger die Kasse klingeln. Rund 20 Euro bringt ein Kilo lebender Schnecken auf dem Markt. Seit gut zwei Jahren züchtet der Kleinmachnower Architekt auf einem Grundstück nahe Beelitz „Helix Pomatia“, wie die in Deutschland heimische Weinbergschnecke auf lateinisch heißt. Unter Gourmets gilt die bis zu zehn Zentimeter lange, gehäusetragende Landschnecke als die schmackhafteste ihrer Artgenossen. „Die Pomatia ist die Auster unter den Weinbergschnecken“, sagt Kickinger. Sein Lieblingsrezept: „Mit Scharlotten in einer Pfanne anschwitzen, dazu Knoblauch, etwas frischen Estragon und auf Pasta servieren.“

Während vor allem in Frankreich, Italien, Spanien, aber auch in der Schweiz und im Südwesten Deutschlands Schnecken auf jede Speisekarte gehören, gelten sie hierzulande bestenfalls als Geheimtipp unter Feinschmeckern. „In Italien sind Weinbergschnecken sogar ein traditionelles Weihnachtsgericht“, sagt Züchter Kickinger, den die Lust an der Schnecke während eines längeren Aufenthalts im baden-württembergischen Freiburg packte. Dort habe er zum ersten Mal Schnecken probiert. Nach was die Tiere schmecken? „Schwer zu sagen, am ehesten nussig-erdig, wie ein Mischung aus Kalbsfleisch und Steinpilz.“

Die Idee für seine Farm kam Jan Kickinger durch einen Fernsehbericht über eine neu gegründete Schneckenzucht in Deutschland. Auch wenn Gärtner noch so oft über die gefräßigen Plagegeister stöhnen mögen, zumindest in Deutschland, der Schweiz und in Österreich steht die „Helix Pomatia“ unter Naturschutz. Angefangen hat Kickinger mit 60 000 Tieren, die er aus Polen importierte. „Mittlerweile könnten es zwei Millionen sein“, schätzt er nach kurzer Berechnung der Geburtenrate seiner Schützlinge.

Tatsächlich können sich Kickingers Schnecken, zumindest bis zu ihrem Ende im Kochtopf, eines wohl behüteten Lebens erfreuen. In 28 Parzellen von je rund 160 Quadratmetern Größe bietet sich ihnen ein reich gedeckter Tisch, der sich immer wieder von selbst füllt. „Angefangen haben wir mit der Zucht nach italienischem Vorbild, vorwiegend haben wir Sonnenblumen, Ölrüben und Raps als Futter angepflanzt“, erzählt Bruder Kai Kickinger, der auf der Farm mit anpackt. Vergangenes Jahr stellte Kickinger den Betrieb auf Topinambur um. Die auch als Zuckerkartoffel und Erdapfel bezeichnete Pflanze mit Ursprung in Amerika ist mittlerweile die Leibspeise der Beelitzer Zuchtschnecken. „Topinambur sät sich selbst aus, wächst schneller und scheint ihnen zu schmecken“, sagt Kai Kickinger. Ansonsten scheint sich der Arbeitsaufwand in Grenzen zu halten. Im Sommer wird morgens und abends gewässert – wegen der Pflanzen und der Tiere. „Nach Regen sind die Schnecken besonders aktiv und fressen mehr“, sagt der Bruder der Geschäftsführers.

Noch arbeitet Jan Kickinger weiter hauptberuflich als Architekt. Perspektivisch jedoch soll die Schneckenzucht zur Haupteinnahmequelle werden. Um die Brandenburger für die Weinbergschnecke zu begeistern, sei aber noch viel Überzeugungsarbeit nötig, sagt er. Indes arbeitet Kickinger mittlerweile mit drei der wichtigsten Zulieferer von Frischware für Spitzengastronomie in Deutschland zusammen. Kosten kann man seine „Helix Pomatia“ unter anderem in einem bretonischen Restaurant in Berlin und im Krongut Bornstedt in Potsdam.

Zudem bietet der Züchter die Tiere über das Internet an, lebend oder küchenfertig im Glas. „Die Zahl der Bestellungen nimmt zu“, freut sich Kickinger. Vor allem zu dieser Jahreszeit sei die Nachfrage groß. „Herbst ist Schneckenzeit.“

Die Schneckenfarm im Internet:

www.escargots.de

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