zum Hauptinhalt

Brandenburg: Bewachtes Rechenzentrum: Geheimnisvolles Areal mit Bunker zu verkaufen

Ein Hauch von Mystik umgibt das Gewerbegebiet von Garzau (Märkisch Oderland). Anfang der siebziger Jahre war das mitten im Wald gelegene Gelände von der Nationalen Volksarmee (NVA) als zentrale "Datensammelanlage" aufgebaut worden.

Ein Hauch von Mystik umgibt das Gewerbegebiet von Garzau (Märkisch Oderland). Anfang der siebziger Jahre war das mitten im Wald gelegene Gelände von der Nationalen Volksarmee (NVA) als zentrale "Datensammelanlage" aufgebaut worden. Ihr Herzstück bildet ein zweistöckiger, atombombensicherer Bunker voll Rechentechnik, der sämtliche militärischen Bewegungen in Ost und West erfassen sollte. Dank eigener Strom- und Wasserversorgung war die unterirdische Zentrale circa 28 Kilometer östlich der Berliner Stadtgrenze unabhängig vom Rest der Welt. Als nach der Wende das Militär auszog, sollte der Bunker zur Techno-Disko oder Pilzplantage umfunktioniert werden. Schnell erwiesen sich solche Pläne als unrealistisch. Stattdessen siedelte die Gemeinde ein Gewerbegebiet an. Vor vier Jahren gab es mehr als 20 Firmen auf dem geheimnisvollen Areal. Jetzt sind nur noch drei übrig. Der ehrgeizige Versuch, mit wenig Kapital viele Arbeitsplätze zu schaffen, ist gescheitert.

Gleich nach der Wende hatten die Gemeindevertreter die kommunale "Betriebs-, Verwaltungs- und Entwicklungsgesellschaft Garzau mbH" gegründet. Diese Gesellschaft schloss einen fünfjährigen Nutzungsvertrag mit dem Bundesvermögensamt (BVA) Frankfurt (Oder), das die verwahrloste Liegenschaft verwaltete.

Mit den ersten Mieteinnahmen wurden Räume saniert, die der Deutsche Gewerkschaftsbund für Fortbildungen anmietete. Handwerksbetriebe, denen preiswerter Platz wichtiger war als Chic, folgten und beschäftigten insgesamt mehr als 80 Menschen. Trotz ABM und Eigenleistungen reichten jedoch die Einnahmen der Betreiber längst nicht aus, denn allein die Stromversorgung, die zunächst nur über den Bunker funktionierte, verursachte mehrere tausend Mark monatliche Fixkosten.

Nach drei Jahren schuldete die Betreibergesellschaft dem BVA mehr als 240 000 Mark Miete. Ein Großteil davon wurde nach langem Hin und Her mit Eigenleistungen verrechnet. Auch wurde rückwirkend die Miete gesenkt. Verhandlungen über den Verkauf des Areals scheiterten an unterschiedlichen Preisvorstellungen: Das BVA wollte erst sechs, dann vier Millionen Mark; die Betreiber boten nur knapp eine halbe Million. Ab Mai 1997 verweigerten die Betreiber die Mietzahlung ans BVA, um die volle Anrechnung ihrer Eigenleistungen und ein realistisches Kaufangebot zu erzwingen. Als ein halbes Jahr später der Nutzungsvertrag auslief, verklagte das BVA die Garzauer Gesellschaft auf Nachzahlung der Miete und Räumung des Geländes. Das BVA gewann und trieb damit die Betreibergesellschaft in den Konkurs.

Natürlich bemerkten auch die Gewerbetreibenden den Zoff. Die meisten zogen aus, die Zurückgebliebenen sind frustriert - und verunsichert. Einer von ihnen ist Lutz Kaehler, Gesellschafter einer Maschinenbaufirma. Er hat den Eindruck, dass das BVA auch die letzten Mieter aus dem Gewerbegebiet ekeln will: "Die räumlichen Bedingungen werden immer schlechter. Es regnet durch, es zieht, die Wasserversorgung funktioniert nicht richtig. Noch einen Winter werden wir hier sicher nicht ausharren."

Rainer Weidner ist als Sachgebietsleiter beim BVA für das Garzauer Areal zuständig. Er findet es "bedauerlich, dass manche Nutzer ins Umfeld abgewandert sind. Aber wir investieren in diese Liegenschaft nichts mehr." Eine gute Nachricht hat Weidner aber auch: Die Gewerbetreibenden hätten sich geeinigt und würden ihre Teile des Geländes für 400 000 Mark kaufen. Das Gebot liegt seit August zur Prüfung bei der nächsthöheren Instanz, der Oberfinanzdirektion (OFD) Cottbus. Das BVA wiederum will "keinen Flickenteppich verkaufen".

Falls die OFD das Kaufgebot wegen des zu geringen Preises ablehnen sollte, wird das Areal laut BVA öffentlich ausgeschrieben und per Höchstgebot verkauft. "Wirtschaftlich war das von vornherein ein tot geborenes Kind", sagt Wolfgang Theune, Anwalt der inzwischen liquidierten Betreibergesellschaft. Nun sei absehbar, dass das Gelände verlottern werde. Die laufenden Kosten trägt der Bund; Vandalismus ist nur eine Frage der Zeit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false