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Brandenburger Landtag: Polizei will Personen weiterhin übers Handy im Land Brandenburg orten

Die Handyortung wird in dem neuen Entwurf des Polizeigesetzes eingeschränkt. Das Landeskriminalamt will aber weiterhin mit Hilfe dieser Überwachungstechnik vermisste Kinder und Suizidgefährdete suchen. Die Links-Opposition sieht die Bürgerrechte zu sehr eingeschränkt.

Jetzt melden sich Praktiker der Polizei zu Wort, mit einem ungewöhnlichen Schritt: Kurz vor der für Dezember geplanten Novelle des Brandenburger Polizeigesetzes im Landtag hat das Landeskriminalamt eindringlich dafür geworben, die seit 2006 im Land eingesetzte Spezialtechnik zur punktgenauen „Handy-Ortung“ („Imsi-Catcher“) weiterhin vorbeugend zur Gefahrenabwehr einsetzen zu dürfen – also auch zur Suche nach vermissten Kindern oder von Suizidgefährdeten. Es sei nicht verständlich, dass diese Geräte in Brandenburg zur Verfolgung von Schwerstkriminellen verwendet werden, was von der Gesetzesnovelle ohnehin unberührt bleibe, „nicht aber, um Leben zu retten“, sagte LKA-Chef Dieter Büddefeld am Montag.

In Brandenburg war 2006 das Polizeigesetz verschärft worden. Es ist eines der rigidesten in Deutschland. Seitdem hat die Polizei – unbefristet – erweiterte Befugnisse, etwa zur Telefonüberwachung. Streit verursachen nun präventive Zusatz-Befugnisse zum Imsi-Einsatz, aber auch zur automatischen Erfassung von Autokennzeichen, die damals auf zwei Jahre befristet wurden. Sie sollen nach dem Gesetzentwurf von CDU-Innenminister Jörg Schönbohm, der eine unbefristete Lösung nicht beim SPD-Koalitionspartner durchsetzen konnte, um drei weitere Jahre verlängert werden. Dagegen macht die Links-Opposition mobil. Die Bürgerrechte würden zu sehr eingeschränkt, argumentiert etwa Innenexperte Hans-Jürgen Scharfenberg. Zudem stünden Kosten und Nutzen bei den für eine Million Euro angeschafften beiden Geräten in keinem Verhältnis, da der Imsi-Catcher 2007 „nur sechs Mal eingesetzt wurde“.

„Es geht nicht um Mithören. Es geht um die Feststellung, wo sich ein Handy befindet“, widersprach Büddefeld. Dies sei ein „geringer Eingriff in Grundrechte“. Für repressive Zwecke, also etwa gegen organisierte Kriminelle, die erfahrungsgemäß oft ihre Handykarten wechseln, seien die Imsi-Catcher 2007 in 29 Fällen im Einsatz gewesen – an 307 Tagen im Jahr. An 105 Tagen davon seien die Geräte samt Experten sogar an andere Bundesländer oder den Bund ausgeliehen worden, gegen Gebühr.

Bislang haben acht Länder diese Spezialtechnik, Berlin ist nicht dabei. Für präventive Zwecke hat Brandenburgs Polizei laut Büddefeld in 240 Fällen bei Mobilfunkbetreibern zunächst Auskunft über den Standort von Handys eingeholt. Darunter waren 128 Fälle, in denen ein Suizid befürchtet wurde. Zumeist reichte dies aus, die Person zu finden, obwohl Provider nur grobe Angaben machen. Zur genauen Lokalisierung kam laut Büddefeld dann der Imsi-Catcher 2007 in sechs Präventivfällen zum Einsatz, „und zwar erfolgreich“. Ohne die Befugnisse, um deren Verlängerung es geht, hätte man schon die 240 Auskünfte von Mobilfunkbetreibern nicht einholen können.

Genauso verhält es sich aus Sicht der Praktiker mit der „automatischen Kennzeichenerfassung“. Das sind Nummernschild-Fahndungsscanner, die 2007 in 24 Fällen zum Einsatz kamen. So habe man etwa jüngst vor dem Rocker-Prozess in Cottbus rechtzeitig 51 anreisende „Bandidos“ oder „Hells Angels“ herausgefiltert – und gewalttätige Kämpfe der verfeindeten Klubs verhindern können.

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