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Brandenburg: Bürokratieabbau: Erst Chefsache, jetzt Lachnummer

Kaum in Kraft, muss Gesetz wieder geändert werden Ministerien geben Vereinfachungen kaum statt

Potsdam - Die Sorgfalt bei der Ausarbeitung neuer Gesetze lässt in Brandenburg offenbar zu wünschen übrig. Nachdem jüngst das im vergangenen Jahr beschlossene neue Polizeigesetz wegen handwerklicher Schlampereien nachgebessert werden musste, muss jetzt das erst vor einem Dreivierteljahr in Kraft getretene sogenannte Bürokratieabbaugesetz vom Landtag überarbeitet werden. Das wurde am Montag im Landtag bestätigt. Regierung und Parlament schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe.

Selbst in Koalitionskreisen wird von einem „peinlichen Vorgang“ gesprochen: Der Bürokratieabbau sei in Brandenburg zur Chefsache erklärt und das Anti-Bürokratie-Gesetz als Modell für andere Bundesländer gepriesen worden. Eigens eingerichtete Gremien – eine Leitstelle bei der Regierung und ein Sonderausschuss im Parlament – hatten das Gesetz geprüft, verändert und schließlich für gut befunden.

Im Kern geht es darum, dass den Kreisen und Kommunen ermöglicht werden soll, landesrechtliche Standards und Regelungen für eine fünfjährige Probezeit außer Kraft zu setzen – zum Beispiel bei der immer noch bürokratischen Bauordnung. Die bundesweit einmalige Öffnungsklausel hat allerdings einen Haken: Denn laut dem Gesetz dürfen bei Zuständigkeitsverlagerungen Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden. Manche Juristen sehen in der Verlagerung an Kommunen aber einen unzulässigen Eingriff in Rechte der Kreise. Ziel der Novellierung ist es, solche „Zuständigkeitsverlagerungen verfassungsrechtlich zweifelsfrei möglich zu machen“, wie es in einem inzwischen von der Staatskanzlei vorgelegten „Formulierungsvorschlag“ heißt. Dazu bedürfe es „einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage, die nur mit dieser Gesetzesänderung geschaffen werden kann“.

Der Änderungsvorschlag der Staatskanzlei soll heute in den Fraktionen und am Mittwoch im Sonderausschuss für den Bürokratieabbau behandelt werden. Ob sich der Ausschuss den Vorschlägen der Staatskanzlei so ohne weiteres anschließt und den Novellierungsentwurf umgehend zur Abstimmung an das Landtagsplenum überweisen wird, war gestern allerdings offen. Abgeordnete erklärten, man müsse jetzt auf Nummer sicher gehen, zumal die anfängliche Euphorie in den Kommunen über die versprochenen Erleichterungen längst einer Ernüchterung gewichen sei. Denn von über 80 Anträgen zum Verzicht auf landesrechtliche Standards und Regelungen, die seit Inkraftreten des Gesetzes vor einem Jahr gestellt wurden, ist nur ein kleiner Teil genehmigt worden. Die Ministerien „mauern kräftig“, berichteten Abgeordnete. „Es werden ständig Bedenken angemeldet, die alles in die Länge ziehen.“

Michael Mara

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