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Brandenburg: Cambridge oder Cottbus

Brandenburgs Universitäten und Fachhochschulen sind so begehrt wie noch nie

Studentenhochburg Senftenberg? Eberswalde, Traumziel junger Menschen aus der ganzen Republik? Das klingt ungewohnt, doch es stimmt – zumindest ein bisschen: Noch nie waren so viele Studenten an den drei Universitäten und fünf Fachhochschulen Brandenburgs eingeschrieben wie in diesem Wintersemester. Erstmals drücken hier über 40 000 junge Leute die Seminarbänke. Letztes Jahr lag die Zahl noch bei 38 800. Die brandenburgischen Hochschulen boomen – gegen den Bundestrend: Republikweit gingen die Zahlen 2004 zurück.

Woran das liegt, lässt sich gut an der Fachhochschule Eberswalde sehen. Hier stieg die Studentenzahl um knapp fünf Prozent auf 1450. Klar, „das Kulturangebot in Eberswalde ist nicht so groß“, sagt FH-Sprecherin Juliane Wittig. Das Studienangebot ebenfalls nicht – dafür aber ausgewählt. Von Betriebswirtschaftslehre abgesehen, haben sich die Eberswalder auf so genannte grüne Fächer spezialisiert. „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ heißt einer der zehn Studiengänge, „Ökolandbau und Vermarktung“ ein anderer. „Das sind Fächer, die bundesweit nur wir anbieten“, sagt Wittig.

Zudem lernen die Studierenden unter Bedingungen, von denen ihre Kommilitonen an vielen Unis nur träumen. Ob Medienzentrum oder Labore: Die technische Ausstattung wurde nach der Wende komplett neu angeschafft. Ein Professor kümmert sich um gerade mal 30 Studenten. Die Strategie geht auf. Nur ein Drittel der Studenten kommt aus Brandenburg und Berlin.

Einmalige Studiengänge, angenehme Lernatmosphäre: Das gilt für alle Hochschulen des Landes. Die Brandenburgische Technische Universität in Cottbus lockt mit ihrem Studiengang „World Heritage Studies“. Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder ist nicht nur wegen ihrer Präsidentin Gesine Schwan überregional für ihre internationalen Studienangebote bekannt. Auch die größte Fachhochschule des Landes, die FH Lausitz in Senftenberg und Cottbus, bietet gemeinsame Studiengänge und Technik-Institute mit Partnerhochschulen in Polen an. Die Universität Potsdam – mit 17 200 Studenten die größte Universität – verweist stolz auf ihren modernen naturwissenschaftlichen Campus in Golm.

Falls es Studierenden nach der Vorlesung in Frankfurt, Cottbus oder Brandenburg doch langweilig werden sollte, fährt zur Not der Regional-Express jede Stunde nach Berlin. Die unzähligen Clubs, Kinos und Theater der Großstadt kombiniert mit der fürs Studium vorteilhaften Ruhe einer kleinen Stadt können nur wenige Orte in Deutschland bieten, sagt Holger Drews im Wissenschaftsministerium: „Die Berlin-Nähe ist ein Standortvorteil.“

Zudem profitierten die Brandenburger Hochschulen von der Bildungspolitik in Berlin. Die dortigen Universitäten mussten wegen der Sparvorgaben einen flächendeckenden Numerus Clausus einführen – und die verhinderten Studenten entdecken das Nachbarland als Alternative. Die FH Brandenburg kann deswegen ein kleines Ingenieur-Wunder vermelden. Während die Anfängerzahlen beim Ingenieur-Nachwuchs dieses Semester bundesweit um knapp zehn Prozent zurückgingen, haben sie sich in Brandenburg in zwei Jahren verdoppelt. „Als die Berliner mit dem NC die Daumenschrauben anzogen, ging bei uns der Andrang los“, sagt FH-Sprecher Stefan Parsch. An der Uni Potsdam ging ein Drittel der Studenten früher in Berlin aufs Gymnasium.

Für Potsdam hat der Hochschul-Boom nicht nur Vorteile. 23 500 Bewerbungen für 3000 Studienplätze flatterten dieses Wintersemester in die Studienbüros. „Darunter sind viele, die sich in Berlin und Potsdam doppelt bewerben“, sagt Norbert Stief, Studiendezernent der Uni. Manche Bewerber bekommen in letzter Sekunde doch die Zusage von Freier oder Humboldt-Universität – und gehen trotz festem Platz in Potsdam nach Berlin.

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