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Brandenburg: CDU Brandenburg: Schönbohm läuft die Zeit davon

Manche behaupten, derzeit gelinge Jörg Schönbohm einfach alles: Kaum jemand hat wirklich geglaubt, dass der Innenminister in nur einem Jahr die schwierige Reform der ineffizienten Polizei- und Kommunalstrukturen durchsetzen könnte. Sein SPD-Vorgänger Alwin Ziel hatte nach vergeblichen Anläufen im reformunwilligen Brandenburg den Kopf resigniert in den märkischen Sand gesteckt.

Manche behaupten, derzeit gelinge Jörg Schönbohm einfach alles: Kaum jemand hat wirklich geglaubt, dass der Innenminister in nur einem Jahr die schwierige Reform der ineffizienten Polizei- und Kommunalstrukturen durchsetzen könnte. Sein SPD-Vorgänger Alwin Ziel hatte nach vergeblichen Anläufen im reformunwilligen Brandenburg den Kopf resigniert in den märkischen Sand gesteckt. Obwohl überall gestrichen werden muss, rüstete Schönbohm die schlecht ausgestattete Polizei mit neuen Schutzwesten und Hubschraubern aus. Oft gescholten, bewies sie bei der Fahndung nach Ulrikes Mörder, was sie kann.

Als Chef der einstigen Heckenschützen-CDU ist er die unangefochtene Nummer Eins. Zwar bekam er am Sonnabend in Perleberg zehn Prozent weniger Stimmen als vor zwei Jahren. Doch kann der alte, neue Vorsitzende, der mit seinem Reformen auch eigene um Posten und Pfründe fürchtende Parteifreunde vergrätzte, mit 87 Prozent zufrieden sein: Der als Hoffnungsträger gefeierte Stolpe-Kronprinz Matthias Platzeck kam bei seiner Wahl zum SPD-Landeschef gerade auf 80 Prozent. Kritik an Schönbohms Kurs wurde auf dem Parteitag nicht geäußert, dafür feierte ihn die Basis mit stehenden Ovationen. Scheinbar hat der Ex-General die Partei, vor zwei Jahren kaum mehr als ein Scherbenhaufen, so fest im Griff wie sein Ministerium.

Doch zeigt das Bild zunehmend Risse: Die von besonders starkem Applaus begleitete Wahl des "jungen Wilden" Sven Petke zum Partei-Vize, vom Landeschef ursprünglich nicht gewollt, offenbart vor allem eins: Dass sich die Partei nicht mehr alles von ihrem Vorsitzenden diktieren läßt. Ein Denkzettel für Schönbohm, der die Erneuerung und Verjüngung der Parteispitze versprochen hatte, vor Perleberg davon aber nichts mehr wissen wollte. Offenbar hat er unterschätzt, dass die nach vorn drängenden Jungen inzwischen ein starkes Netzwerk aufgebaut haben. Und dass dem Parteivolk der Vorstand nicht so gleichgültig ist, wie offenbar ihm selbst. Dazu passt, dass die Basis "Urgestein" wie die Bundestagsabgeordneten Rainer Eppelmann und Ulf Fink nicht mehr in den Vorstand wählte.

Schließlich muss der Parteichef auch den "Unruhestifter" Wolfgang Hackel weiter im Auge behalten: Zu einem Eklat kam es auf dem Parteitag nur deshalb nicht, weil Schönbohm die geplante Kritik an dem mächtigen Kreischef und Ex-Kulturminister tunlichst unterließ. Es rächt sich, dass sich der auf zu vielen Hochzeiten tanzende Parteichef nicht so um die Partei kümmern kann, wie es angesichts personeller, programmatischer und struktureller Defizite erforderlich wäre. Peinlicher Beleg ist die hingeschluderte "Perleberger Erklärung" zur Stärkung der märkischen Randregionen, immerhin das erste Strategiepapier der Partei seit der Regierungsbildung: Die EU wird die Prignitz und Uckermark mit Sicherheit nicht zu Sonderwirtschaftszonen erklären, nur weil die CDU es will. Auch der Vorschlag, die armen Gemeinden sollten auf Gewerbesteuern verzichten, um Unternehmen anzulocken, ist für eine Regierungspartei im Osten bemerkenswert naiv.

Was Schönbohm beunruhigen muss: Die Zeit droht ihm davon zu laufen. Die nächste Landtagswahl wird er durch preußisch-brave Pflichterfüllung in der Koalition und unpopuläre Reformen nicht gewinnen können. Ebenso wenig kann seine "Ein-Mann-Schau" die überfällige Rundumerneuerung der lethargischen Partei ersetzen. Im Gegensatz zur SPD, bei der Matthias Platzeck als Stolpe-Nachfolger bereit steht, ist die CDU nicht auf die Zeit nach Schönbohm vorbereitet. Auch deshalb beginnen die Jungen, Druck zu machen. Bisher folgt die Partei ihrem Chef, weil nur er Erfolg garantiert. Das kann 2004 schon anders aussehen.

Michael Mara

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