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Brandenburg: CDU nennt Abfindungen „Unverschämtheit“

Die geplanten Millionen-Zahlungen für den Chipfabrik-Vorstand lösen wütende Proteste aus – aber noch wird hinter den Kulissen gepokert

Potsdam. Die Proteste sind heftig und nicht nur auf Frankfurt (Oder) beschränkt: Die Chefs der nicht zuletzt durch Missmanagement gescheiterten Chipfabrik wollen sich Abfindungen in Millionenhöhe genehmigen, während 129 Lehrlinge kurzerhand auf die Straße gesetzt wurden. Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) nannte es gestern gegenüber dieser Zeitung „instinktlos, wie der Vorstand seine Schäfchen ins Trockene bringen will". In der Oderstadt waren noch härtere Kommentare zu hören: „Vorstandschef Abbas Ourmazd sollte sich lieber nicht mehr allein auf der Straße blicken lassen."

In Potsdam forderten die Koalitionsparteien SPD und CDU sowie die oppositionelle PDS die Landesregierung am Mittwoch einhellig auf, die Zahlung von drei Millionen Euro Abfindungen „zu verhindern". Das Land ist direkt involviert, weil es selbst mit knapp sechs Prozent an der Communicat AG beteiligt ist. „Eine solche Zahlung wäre eine dreiste Unverschämtheit", so CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek. „Es kann nicht angehen, dass diejenigen, die mit dem Unternehmen gescheitert sind, auch noch mit einem goldenen Handschlag verabschiedet werden." Und der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses Heiko Müller (SPD) betont: Der Vorstand müsse auf jede Abfindung verzichten. Denn das Unternehmen habe nichts verkauft, sondern nur Geld „verbrannt", darunter rund 40 Millionen Euro aus der Landeskasse.

Insgesamt geht es um drei Millionen Euro, von denen nach Tagesspiegel-Recherchen Vorstandschef Abbas Ourmazd den Löwenanteil kassieren soll, nämlich knapp die Hälfte. Die andere Hälfte soll zu gleichen Teilen an die Vorstände Helmut Brunner und Jean-Jaques Morin gehen, alle erst seit ein bis anderthalb Jahren im Amt. Die Landesregierung sieht die im Liquidationsplan vorgesehenen Zahlungen zwar auch als anrüchig an, reagiert aber vorsichtig: Man könne sich nicht über die Rechtslage hinwegsetzen. Ihr Standpunkt: „Es darf kein Cent mehr gezahlt werden, als rechtlich zulässig ist."

Hingegen verlangt SPD-Wirtschaftssprecher Müller ein klares Wort der Regierung: Sie habe als Mitgesellschafter durchaus Mittel, um die Abfindungen zu verhindern: Denn die Hauptversammlung entscheide erst am 16. Februar in Frankfurt (Oder) über die stille Liquidation der Communicant AG. Als Alternative wäre der Weg in die Insolvenz denkbar. In diesem Fall, so Müller, könnten die Manager nicht mit einer Abfindung rechnen. Bei einer geordneten Auflösung des Unternehmens, der stillen Liquidation, steht sie ihnen hingegen aufgrund der Verträge zu.

Deshalb plädieren Landespolitiker wie Heiko Müller für die Insolvenz. Hinzu kommt, dass in diesem Falle ein neutraler Insolvenzverwalter und nicht der höchst umstrittene Vorstandschef Ourmazd das Unternehmen abwickeln würde. „Ourmazd kann alle Leichen verbuddeln, deshalb muss es ein unabhängiger Profi sein", betont Müller.

Was die Sache allerdings kompliziert macht, sind die Mehrheitsverhältnisse und die unterschiedlichen Interessen der Gesellschafter: Der private Hauptfinanzier, das Emirat Dubai, ist dem Vernehmen nach weniger wegen eines möglichen Image-Schadens gegen eine Insolvenz. Dubai hat einen gewichtigeren Grund: Käme es dazu, könnte der Insolvenzverwalter die noch ausstehenden 125 Millionen einfordern, die Dubai laut Verträgen noch an Communicant zu zahlen hätte. Auch der ebenfalls beteiligte US-Chiphersteller Intel zieht angeblich die stille Liquidation vor – um Schlagzeilen zu vermeiden.

Doch zusammen halten beide Gesellschafter nur gut 60 Prozent der Anteile. Für den Beschluss zur Firmenauflösung werden aber 75 Prozent der Stimmen benötigt. Das Land und das gleichfalls beteiligte staatliche Institut für Halbleiterphysik (IHP) kommen zusammen aber nur auf rund 7,5 Prozent. So ist die private Investorengruppe GSMC-Planning, auf die 20 Prozent der Anteile kommen, Zünglein an der Waage. Zwar hält auch Ourmazd hier Anteile, doch liegt er mit den übrigen Beteiligten im heftigen Streit, sodass ein Zweckbündnis der GSMC-Mehrheit mit dem Land auf der Hauptversammlung grundsätzlich denkbar erscheint. Insider berichten, dass insgeheim ein heftiges Tauziehen um Mehrheiten stattfindet. Angeblich soll Dubai am Kauf von GSMC-Anteilen interessiert sein. „Es geht um Geld, um sehr viel Geld“, sagt ein Insider.

MICHAEL MARA

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