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Brandenburg: Darf ein Subventionsbetrüger in den Landtag?

Edwin Zimmermann will wieder antreten. Das bringt die SPD und Landeschef Matthias Platzeck in Konflikte. Denn der Ex-Minister ist populär

Schöna-Kolpin / Potsdam. Brandenburgs Sozialdemokraten geraten unter Druck, weil Ex-Agrarminister Edwin Zimmermann (SPD) trotz seiner Verurteilung wegen Subventionsbetrugs und Untreue im Herbst wieder in den Landtag einziehen will: Es sei ein Gebot der „politischen Hygiene“, dass er nicht wieder in den Ring gehe, sagte Wolfgang Wieland, der designierte Spitzenkandidat der Grünen und frühere Berliner Justizsenator am Donnerstag. Wenn Zimmermann selbst nicht zu dieser Konsequenz fähig sei, müsse die SPD dafür sorgen. „Da ist ein klares Wort und die Durchsetzungsfähigkeit des Landesvorsitzenden Matthias Platzeck gefragt“, sagte Wieland. Die zurückhaltenden ersten Reaktionen der Landes-SPD auf das Urteil seien „erstaunlich.“

Das Potsdamer Landgericht hatte Zimmermann am Mittwoch zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er 230 000 Euro Fördergelder des Ministeriums für eine Schaubäckerei auf dem Familienhof in Schöna-Kolpin erschlichen hat. Obwohl das Gericht dem früheren Minister und heutigen SPD-Landtagsabgeordneten „kriminelle Energie“ und „Untreue zum Wohle der Familie“ bescheinigt hatte, halten sich der SPD-Landesverband und die Landtagsfraktion bislang auffällig bedeckt.

Ob Zimmermann als Direktkandidat aufgestellt wird, entscheidet eine Wahlkreiskonferenz am 28. Februar. „Die Entscheidung wird im Wahlkreis getroffen“, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Der Landesverband wäre laut Ness erst gefordert, falls Zimmermann tatsächlich nominiert würde. Er vermute, dass es ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ geben wird, da der frühere Landwirtschaftsminister wegen seiner Verdienste nach 1990 in der Landbevölkerung noch sehr populär sei. Gegen ihn tritt Sylvia Lehmann, die Sozialbeigeordnete des Landkreises an.

Gunter Fritsch, der SPD-Landtagsfraktionschef, sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. „Wir geben keine Zensuren“. Schließlich sei das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft geblieben, Zimmermann drei Jahre das Recht zu entziehen, öffentliche Ämter zu bekleiden. Fritsch verwies auf den Fall von Otto Graf Lambsdorff, der nach einer Verurteilung auch weiter politisch Karriere gemacht habe. Der frühere FDP-Bundeswirtschaftsminister war im Zuge der Flick-Affäre wegen Steuerhinterziehung 1987 zu einer Geldstrafe von 90 000 Euro verurteilt worden.

Fritschs Vergleich löste Befremden aus. „Die SPD beruft sich auf schlechte Vorbilder“, sagt Wolfgang Wieland. Wenn die Brandenburger SPD für einen Neuanfang bei Großprojekten nach der Stolpe-Ära eintrete, dann sollte dies auch bei „Filz und Korruption“ geschehen. Es sei unmöglich, dass ein Politiker, der wegen Missbrauchs von Steuergeldern verurteilt wurde, wieder in den Landtag einziehe, meint auch CDU-Landeschef Jörg Schönbohm.

Die Zurückhaltung habe allein taktische Gründe, hieß es dagegen aus der SPD-Landeszentrale: Es sei eine Trotzreaktion der Basis zu befürchten, wenn die Parteispitze interveniere. „Wir wollen nicht, dass er zum Märtyrer gemacht wird“. Man erinnert sich noch gut daran, dass der Ex-Minister, der 1997 über die Backofen-Affäre stolperte, zwei Jahre später mit einem der landesweit besten Ergebnisse wieder in den Landtag einzog und dann sogar zum Präsidenten des Landessportbundes gewählt wurde.

Dennoch ist man vor Ort, im SPD-Unterbezirk Dahme-Spreewald, nicht glücklich über das Schweigen aus Potsdam. „Man kann das nicht allein auf uns abwälzen“, heißt es. Allerdings versucht der Kreischef und Bundestagsabgeordnete Peter Danckert dem Vernehmen nach bereits, Zimmermann zum Verzicht auf die Kandidatur zu bewegen. Falls dies nicht gelingt, falls Zimmermann gar nominiert würde, schließen SPD–Kreise nicht aus, dass Danckert als Unterbezirkschef zurücktritt. Er soll dies parteiintern bereits signalisiert haben, war gestern aber nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Er könne Edwin Zimmermann nur raten, „sich mit Freunden zurückzuziehen und die beabsichtigte Kandidatur noch einmal zu überdenken“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Ulrich Freese mit Blick auf die ohnehin schwierige Wahl im Herbst. Eigentlich biete die CDU mit ihren gescheiterten Ministern Hackel, Schelter und Fürniß genug Angriffsfläche. Mit dem Namen Zimmermann könne sie versuchen, den Spieß umzudrehen.

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