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Brandenburg: Das Ende der Freilandeier

Die Stallpflicht bedroht die Existenz von Bio-Bauern. Und ab 12. Mai gibt es nur noch Hühnerprodukte „aus Bodenhaltung“

Potsdam/Grimme - Die Verlängerung der Stallpflicht bis zum 12. Mai bedeutet für Geflügelhalter in Brandenburg weitere Umsatzeinbußen. Besonders betroffen sind Biobauern und die vielen Kleinbetriebe, die ihr Geflügel für gewöhnlich im Freien halten. Der nationale Krisenstab aus Bund und Ländern hatte die ursprünglich Ende April auslaufende Stallpflicht noch um zwei Wochen verlängert.

„Wir haben nicht nur Einbußen“, sagt Jörg Weilbach, Vorstand des Erzeugerverbandes Bioland Brandenburg. „Es sind schlichtweg Existenzen bedroht.“ Für die etwa 80 Betriebe, die dem Verband landesweit angehören, bestehe „keinerlei Planungssicherheit“. Weilbach kritisiert, dass von Bundes- und Landespolitik kein Verständnis für Biobauern aufgebracht werde. Immer noch sei unklar, an wen sich Geflügelhalter und Eierproduzenten wenden können, um Entschädigungen zu beantragen. „Die Europäische Union hat angekündigt, die Hälfte von Umsatzeinbußen zu übernehmen“, erklärte Achim Wersin vom Potsdamer Landwirtschaftsministerium. Schriftliches liege dem Ministerium aber noch nicht vor. Entschädigungen aus der Tierseuchenkasse gebe es nur, wenn ein Betrieb direkt von der Hühnergrippe betroffen sei und seine Bestände keulen müsste. „Wer auf schnelle Unterstützung gehofft hat, hat sich leider zu früh gefreut“, sagt Ursula Schimmrigk, Geschäftsführerin der Geflügelwirtschaftsverbände Brandenburgs und Sachen-Anhalts. Für Geflügelhalter werde es immer schwieriger, sich am Markt zu behaupten. „Der Absatz lässt weiter nach, während die Kosten für Wasser, Strom und Gas weiter anziehen.“ Beziffern konnte Schimmrigk den entstandenen Schaden für die Geflügelwirtschaft in Brandenburg nicht. „Deutschlandweit werden die Umsatzeinbußen der Branche bereits auf 140 bis 150 Millionen Euro geschätzt“, sagt sie.

Wenn die Stallpflicht über den 12. Mai hinaus Bestand hat, dürften auch die Preise für Eier sinken, so die Prognose der Verbands-Chefin. Grund: Die Hühnerprodukte aus Freilandhaltung dürfen sich ab dem 12. Mai nicht mehr so nennen. Bislang war Haltern von Freilandhühnern trotz Stallpflicht gestattet, ihre Eier mit einer „1“ zu bestempeln, obwohl die Hühner nicht mehr draußen herumlaufen dürfen. Diese Frist läuft zum 12. Mai ab. Die Eier werden praktisch degradiert und dürfen dann nur noch als „Eier aus Bodenhaltung“ verkauft werden. Diese tragen dann eine „2“ im Stempelcode und bringen dem Erzeuger rund 1,5 Cent weniger. „Wahrscheinlich wird der Preis aber noch weiter sinken“, vermutet Schimmrigk. Denn Eier aus Bodenhaltung gebe es schon genug.

Frank Richter, Bio-Geflügelhalter aus dem uckermärkischen Grimme kritisiert, „dass die Landesregierung nicht wirklich etwas tut, um der Vogelgrippen-Hysterie zu begegnen“. „Währenddessen reibt sich die Käfighaltungs-Lobby die Hände“, ärgert er sich. Richter hat rund 4500 Hühner, die gewöhnlich 2,5 Hektar Auslauf haben. Seit der Stallpflicht-Verordnung steht ihnen nur noch ein Zehntel der Fläche zur Verfügung. Und er stellt fest, dass die Tiere seitdem immer nervöser werden. „Das ist wie bei den Menschen“, sagt Richter. „Wenn man nicht raus kommt, wird man irgendwann krank. Und weniger Eier legen die Hühner auch.“

Die für Biobauern so wichtige Freilandhaltung kann derweil nur durch Ausnahme-Genehmigungen betrieben werden. Dafür gibt es aber strenge Voraussetzungen. So muss das Blut der Tiere regelmäßig auf Erreger geprüft werden. Das kann sich kaum ein Kleinbetrieb leisten. In der Nähe eines Wildvogel-Nistgebiets sind gar keine Ausnahmen zugelassen.

Das Land Brandenburg will deshalb mehr Ausnahmen zumal für Biobetriebe möglich machen, sagt Jens Uwe Schade, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. In der kommenden Woche treffen sich Veterinär-Experten der Länder in Potsdam, um über das Vorgehen zu beraten. „Wir wollen zurück zur Freilandhaltung“, sagt Schade. Ohne aber leichtsinnig zu werden: „Die jüngsten Fälle von verendeten Störchen haben gezeigt, dass wir noch im Risiko-Bereich leben.“

Andreas Wilhelm

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