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Datenschutz: Sozialakten auf dem Behördenflur

In vielen Brandenburger Rathäusern ist Datenschutz ein Fremdwort. Das geht aus dem neuesten Bericht hervor, den die Landesdatenschutzbeauftragte Dagmar Hartge am Dienstag vorstellte.

Danach gibt es in den Kommunen erhebliche Mängel, sind nur zwölf Prozent der Städte und Gemeinden vorbildlich, während 60 Prozent keine Datenschutz- und Sicherheitskonzepte für die IT-Technik haben. „Das Ergebnis ist niederschmetternd“, sagte Hartge. Es sei bekannt, dass in den Kommunen beim Datenschutz Chaos herrscht, erklärte auch der Verband der Sicherheitswirtschaft.

Hartges Erkenntnisse gehen auf eine gegen Widerstände aus dem Städte- und Gemeindebund durchgesetzte anonyme Umfrage zurück. Immerhin 80 Prozent der beteiligten 216 Kommunen haben einen Datenschutzbeauftragten, meist als Zusatzaufgabe. Jede vierte Kommune hat einen IT-Beauftragten, was bei einer freiwilligen Aufgabe „gar nicht so schlecht“ sei, so Hartge.

Datenschutzverstöße gibt es in Landesbehörden und Kommunen: So hat es Meldeämter gegeben, die nach der Ausgabe neuer biometrischer Reisepässe gespeicherte Fingerabdrücke nicht gelöscht hätten. In einem Grundsicherungsamt seien komplette Sozialakten, samt Leistungsbescheiden und Geldanweisungen einsehbar auf dem Flur gelagert worden. Für das offizielle Internet-Service-Portal Brandenburg – ein Zugang zur elektronischen Verwaltung – fehle ein Sicherheitskonzept. Mängel gebe es auch bei der geplanten Online-Baugenehmigung. Und ein Abwasserzweckverband hatte sogar per detailliertem Fragebogen das Wassernutzungsverhalten ihrer Kunden ausforschen wollen.

Wie berichtet, will die rot-rote Koalition die für den Datenschutz der öffentlichen Hand zuständige Hartge-Behörde mit dem bislang im Innenministerium angesiedelten Datenschutz für Unternehmen fusionieren. Hartge betonte, dass damit eine langjährige Forderung von ihr umgesetzt werde. Allerdings forderte sie für die fusionierte Behörde mehr Personal: Zusätzlich zu den 17 Mitarbeitern ihres Amtes und den vier Mitarbeitern aus dem Innenministerium seien „fünf weitere Stellen“ nötig. Nur so sei es möglich, „von Amts wegen Prüfungen“ etwa in Unternehmen durchzuführen.

Mit Blick auf das Gesetzgebungsverfahren forderte Hartge auch eine Stellung des neuen fusionierten Amts als „oberste Landesbehörde“, was etwa Bußgeldverfahren erleichtere. Dem Vernehmen nach hatte Hartge im zuständigen Ausschuss wegen der wachsenden Aufgaben auch eine höhere Eingruppierung für sich und ihren Vize gefordert. Für die Forderung nach mehr Personal hat Hartge bisher zumindest die Unterstützung der Grünen, die drei Zusatz- Stellen für finanzierbar halten.

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