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DDR-Aufarbeitung: Stasi-Bescheid unter den Tisch gefallen

Die geplante Enquetekommission zur Aufarbeitung der Stolpe-Ära soll Ungereimtheiten klären.

Potsdam - Die „Jamaika“-Opposition will dort auch die Hintergründe der ersten und dann bis 2010 letzten Stasi-Überprüfung des Landtages untersuchen lassen, nachdem mit zwei Jahrzehnten Verzögerung immer mehr Ungereimtheiten und Widersprüche publik werden. „Das muss alles gründlich aufbereitet werden.

Das ist ein Thema für die Enquetekommission“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel am Sonntag. Er reagierte damit auf einen Bericht des Magazins „Spiegel“, wonach 1991 die Ehrenkommission des Landtages – der evangelische Generalsuperintendent Günter Bransch und der katholische Monsignore Karl-Heinz Ducke – den PDS-Abgeordneten und letzten Potsdamer SED-Bezirkschef Heinz Vietze trotz Stasi-Bescheides der damaligen Gauck-Behörde im Abschlusbericht nicht einmal erwähnte. Dort waren zwölf Abgeordnete mit Stasi-Verstrickungen benannt, die ausnahmslos als „Grenzfälle“ eingestuft wurden, darunter auch die jüngst wegen Stasi-Vorwürfen zurückgetretene Linke-Vizelandtagspräsidentin Gerlinde Stobrowa (Linke). Erst jetzt war bekannt geworden, dass die Gauck-Behörde damals aber nicht nur zwölf, sondern 17 Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Kooperationen von Abgeordneten an den Landtag geschickt hatte. Die verschwundenen fünf sorgen für Spekulationen. Gegenüber dem Tagesspiegel hat bereits der frühere Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD) bestätigt, dass er einer davon war: In seinem 91er Bescheid war ein Anwerbeversuch der Stasi dokumentiert, den er jedoch abgelehnt hatte. Dass Heinz Vietze, der vor 1989 eine steile Karriere in FDJ und SED machte, „gesellschaftlicher Mitarbeiter Sicherheit“ (GMS) der Stasi war, ist nicht neu. Als sein Fall etwa 1999 für Schlagzeilen sorgte, verwies Vietze darauf, dass er von seiner Registrierung als GMS „Heinz“ seit der ersten Stasi-Überprüfung 1991 wisse, aber damals von kirchlichen Vertrauenspersonen nicht als Grenzfall eingestuft wurde.

Trotzdem ist merkwürdig, warum Vietze im damaligen Bericht überhaupt nicht auftauchte. Vietze selbst sprach am Sonntag von „ollen Kamellen, die regelmäßig aufgewärmt werden, 1994, 1999, 2004 und jetzt wieder“. Für ihn dokumentiert die Einstufung als GMS – für die Birthler-Behörde eine analoge Kategorie zum IM bei Funktionären – seine „offizielle Zusammenarbeit“ mit der Stasi als Sekretär der FDJ-Kreisleitung Potsdam. Über die hatte Heinz Vietze, der zwei Jahrzehnte Politik in Brandenburg maßgeblich mitgeprägt hatte und jetzt Chef der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung ist, immer gesagt: „Ich habe keine Berichte geschrieben. Sie wurden für mich geschrieben.“ Er gilt als einer der Wegbereiter des rot-roten Bündnisses in Brandenburg, das wegen Stasi-Enthüllungen unter Druck geraten ist. Thorsten Metzner

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