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Brandenburg: Deiche wie Wackelpudding

Die Dämme an der Elbe im Südwesten des Landes sind vom Hochwasser aufgeweicht

Mühlberg/Wittenberge - Die Hochwassersituation rund um Mühlberg im Brandenburger Südwesten hat sich gestern erheblich verschärft. An 15 Stellen des 17 Kilometer langen Elbabschnittes sickerte Wasser durch den Deich, so dass dieser immer stärker und vor allem von zwei Seiten aufgeweicht wird. Die Ausrufung des Katastrophenalarms wurde am Nachmittag bereits in Erwägung gezogen. Dann kommt die Bundeswehr zum Einsatz.

Einige Sickerstellen können schon nicht mehr vom Land aus erreicht und mit Sandsäcken abgedichtet werden. „Dann brauchen wir die Hubschrauber der Bundeswehr, um aus der Luft an die gefährlichsten Stellen zu gelangen“, sagte Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) gestern nach der Sitzung des Krisenstabes im Mühlberger Rathaus. Die 25 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr des 5000-Einwohner-Städtchens hätten bisher eine „hervorragende Arbeit“ geleistet. Aber in dieser zugespitzten Situation würden mehr als 150 Helfer gebraucht, um die Stadt vor einer Überflutung zu schützen.

Wie ernst die Lage tatsächlich ist, zeigte auch der Personalwechsel an der Spitze des Krisenstabes. Dieser wird jetzt nicht mehr vom Mühlberger Bürgermeister geleitet, sondern liegt in den Händen der Kreisverwaltung. Wie Bürgermeister Dieter Jähnichen mitteilte, sind in der Stadt seit dem vergangenen Donnerstag rund 2000 Sandsäcke gefüllt und an den Deich gebracht worden. „Beim Sommerhochwasser 2002 waren es mehrere Hunderttausend Stück“, sagte er. Das zeige schon den Unterschied zwischen beiden Hochwasserlagen. Im Sommer 2002 hätten die Sandsackbarrieren die Dämme um bis zu einen Meter erhöht. Diesmal bleibe die Elbe mit rund 8,50 Meter rund anderthalb Meter unter der Deichkrone. Aber durch die lange Dauer des hohen Pegels sei der Druck immens und weiche den Deichkörper mehr und mehr auf.

Der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude, verglich den Zustand der Dämme gestern mit einem „Wackelpudding“. Das Wasser stehe in Mühlberg stellenweise schon 20 bis 30 Zentimeter auf der Landseite der Deiche und gefährde die Standsicherheit. Deshalb würden jetzt viele Sandsäcke gebraucht, um die Standsicherheit zu erhöhen. Die Mühlberger sorgen sich vor allem um die Baustelle für eine Brücke über die Elbe. Die Arbeiten dafür haben erst vor wenigen Wochen begonnen. Für die Brückenpfeiler mussten die Deiche weichen. In Windeseile werden jetzt provisorische Erdwälle geschüttet.

Eile ist auch im nordwestlichen Elbabschnitt in der Prignitz geboten. Am Pegel Wittenberge stieg am Vormittag das Wasser innerhalb einer Stunde von 6,05 auf 6,25 Meter. Ab dem heutigen Vormittag gilt für den gesamten 75 Kilometer langen Deich die höchste Alarmstufe 4. Baufahrzeuge fahren bereits unentwegt Sand und Schotter an die 18 noch nicht sanierten Deichkilometer. Kokosmatten sollen den Erdwällen eine zusätzliche Standsicherheit verleihen. Dieses Vorhaben kostet nach Angaben des Landesumweltamtes rund eine halbe Millionen Euro. Auch die Bundeswehr lässt sich ihre Einsätze von den Landkreisen oder direkt vom Land Brandenburg bezahlen.

In der Prignitz kontrollieren ab sofort 36 Deichläufer den Zustand der Dämme zwischen der Havelmündung bei den Ortschaften Quitzöbel und Lenzen im Dreiländereck zwischen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Die Oder steigt indes langsamer als die Elbe an. Hier bleibt es bei den Alarmstufen 1 und 2.

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