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Brandenburg: Den Kanal voll

Die Naturschützer finden einen drastischen Vergleich: "Der geplante Ausbau der Wasserstraße ist die dümmste Baumaßnahme seit dem Turmbau von Babel." Es geht um das Untere Odertal bei Schwedt.

Die Naturschützer finden einen drastischen Vergleich: "Der geplante Ausbau der Wasserstraße ist die dümmste Baumaßnahme seit dem Turmbau von Babel." Es geht um das Untere Odertal bei Schwedt. Dort kämpft der "Förderverein der Freunde des deutsch-polnischen Europa-Nationalparkes" gegen ein Vorhaben der Verkehrsministerien von Bund und Land. Auf zehn Kilometer Länge soll die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße zwischen dem Schwedter Hafen und der Westoder von jetzt knapp 30 auf 55 Meter verbreitert und von 3,15 auf 4,50 Meter vertieft werden. So sollen große Küstenmotorschiffe von der Ostsee direkt zum für 68 Millionen Mark gebauten Hafen fahren können. Das Planungsverfahren hat bereits begonnen.

Der Förderverein, dem mehrere Gemeinden, Unternehmen, Naturschutzverbände und zahlreiche Einzelpersonen angehören, warnt vor der Zerstörung wertvoller Landschaften. Links und rechts dieser Wasserstraße in Brandenburgs einzigem Nationalpark befänden sich Totalreservate, die seit zehn Jahren nicht mehr bewirtschaftet würden. "Das betroffene Gebiet ist das Herzstück des Parks, in dem viele vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere zu finden sind", beklagt der Förderverein. Auf einer vorliegenden Liste stehen unter anderem der See-, Fisch- und Schreiadler. Doch nicht nur die bedrohten Tiere erregen viele Gemüter in der Region.

"Das ganze Vorhaben steht auf wackligen wirtschaftlichen Berechnungen", sagt Anja Dannecker vom Brandenburger Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände. Die geplante Erschließung von Schwedt als nationalem Hochseehafen richte sich direkt gegen den Hafen in Stettin. In der Stadt müssten zwei Brücken angehoben werden, damit Küstenmotorschiffe von der Ostsee die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße überhaupt erreichen können. "Polen dürfte an so einer Konkurrenz aber gar kein Interesse haben", sagt Dannecker und nennt die Ausbaupläne auf deutscher Seite einen "Schildbürgerstreich". Statt dessen halte das Nachbarland trotz Kritik aus Deutschland am Programm "Odra 2006" fest. In naher Zukunft würden im Nationalpark dann zwei ausgebaute Wasserstraßen im Abstand von wenigen Hundert Metern verlaufen. Die meisten Schiffe verkehren ohnehin auf der Ostoder, die in Hohensaaten Anschluss zum Oder-Havel-Kanal in Richtung Berlin besitzt.

Grundsätzlich zweifelt der Förderverein an den von Zuwächsen ausgehenden Prognosen des Verkehrs auf dem Wasser. 1995 seien zwischen Schwedt und der Ostsee 385 000 Tonnen Güter durch Binnenschiffe befördert worden, im Jahre 2001 aber würden nicht mehr als 117 000 Tonnen erwartet. Für diese Menge reiche der derzeitige Zustand der Wasserwege vollkommen aus.

Das Potsdamer Verkehrsministerium unterstützt die Baupläne des Bundes. "Wir wollen mehr Verkehr von der Straße auf die Schienen und auf das Wasser verlagern", sagte Sprecher Lothar Wiegand. "Deshalb brauchen wir mit Blick auf den größer werdenden EU-Wirtschaftsraum bessere Wasserwege." Die Naturschützer könnten ihre Bedenken im laufenden Verfahren äußern.

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