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Brandenburg: Den Kanzler mit einem Diktator verglichen

Schönbohms Sprecher schrieb einen Leserbrief über Schröder. Sein Chef rügte ihn, dem Ministerpräsidenten Platzeck fehlten die Worte

Potsdam. Erst wäre die große Koalition beinahe an einer Solidaritätsadresse von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) an US-Präsident Bush zerbrochen. Jetzt sorgt der Irak-Krieg für neue Irritationen im Regierungsbündnis, aber auch in der Union selbst. SPD-Vizeparteichefin Katrin Molkenthin forderte Schönbohm auf, sich von seinem Ministeriumssprecher Heiko Homburg zu trennen. Es sei skandalös, dass Homburg Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Diktatoren gleichsetze, sagte Molkenthin. „Er ist als Pressesprecher untragbar.“ Auch SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness erklärte, der Vorgang müsse „Konsequenzen haben“. Homburg entwickle sich zum Risiko für die Union. Selbst in Unionskreisen hieß es, die Entgleisungen seien „erschütternd“.

Auslöser der Empörung ist ein Leserbrief des Sprechers in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“, in dem er der Friedensbewegung vorwirft, in Tschetschenien, Afghanistan, Ruanda und Jugoslawien geschwiegen zu haben, aber ein „altes rechts- wie linksextremistisches Feindbild“ zu bedienen – das der USA. Weiter heißt es: „Schröders gefährlicher wie durchsichtiger Versuch, über eine verbal-aggressive Außenpolitik von einer katastrophalen Bilanz im Inneren abzulenken, hat uns von jeglicher Einflussnahme auf unsere Verbündeten entfernt.“ Und: „Die Erfahrung zeigt: Auf solche Politikmuster greifen in der Regel nur Diktatoren zurück.“ Wegen eines ähnlichen Vergleiches von Bush mit Hitler hatte Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin nach der Bundestagswahl ihren Stuhl räumen müssen.

Der Homburg-Brief war Thema am Rande der Sitzung des Kabinetts in Cottbus. Vizeregierungschef und Innenminister Schönbohm reagierte verärgert, als er vom Alleingang seines Sprechers erfuhr, und rügte ihn umgehend telefonisch. Der Diktatoren-Vergleich sei „nicht akzeptabel.“ Schönbohm bat CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek, die Wogen bei der SPD zu glätten. Regierungschef Matthias Platzeck, dem dem Vernehmen nach wegen des Homburg-Briefes zunächst „die Worte fehlten“, habe die schnelle, klare und eindeutige Reaktion Schönbohms akzeptiert. Zunächst hatten SPD, aber auch Unionspolitiker vermutet, dass Homburgs Brief mit Schönbohm abgestimmt worden sei. Homburg verteidigte seinen Brief: Er habe diesen als Privatperson geschrieben, nicht als Sprecher des Innenministeriums, sagte er dieser Zeitung. Auch an der umstrittenen Passage mit der Diktatoren- Formulierung konnte er nichts Anstößiges erkennen: „Das habe ich an der Uni gelernt.“

Die Empörung in der SPD, aber auch bei gemäßigten Christdemokraten ist auch deshalb so groß, weil es nicht der erste Leserbrief ist, mit dem Homburg für Wirbel sorgt: Ende 2000 hatten SPD und PDS seinen Rücktritt gefordert, nachdem er in einer E-Mail der rechtsgerichteten „Jungen Freiheit“ als langjähriger Leser zum neuen Design gratulierte. Später musste sich Homburg entschuldigen, weil er in einer Zeitung mit Sätzen über vietnamesische Asylbewerber zitiert wurde, „die vom Steuerzahler durchgefüttert“ würden.

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