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Auf Stein gebohrt. Denkmalpflege am Potsdamer Stadtschloss.

© ddp

Denkmalpflege: Potsdam will in Baubehörde aufräumen

Seit der Brandrede von TV-Moderator Günther Jauch steht das Denkmalamt der brandenburgischen Hauptstadt in der Kritik. Nun kündigte Stadtrat Matthias Klipp eine radikale Umstrukturierung an.

Es begann mit der Brandrede von Günther Jauch vor drei Jahren. Nachdem die Genehmigungspraxis der Bau- und Denkmalverwaltung in Potsdam auch danach oft Kritik auslöste, zieht der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne) im Rathaus nun die Zügel weiter an: Er bestätigte am Mittwoch, dass er sein Dezernat radikal umstrukturiert. Danach soll aus der „Unteren Denkmalschutzbehörde“ und der „Unteren Bauaufsichtsbehörde“ ein jetzt neuer Fachbereich „Bauordnung und Denkmalpflege“ gebildet werden. Ziel sei es Genehmigungen zu beschleunigen und besser abzustimmen, erklärte Klipp. In diesem Zusammenhang wies er Befürchtungen vor einer Zerschlagung und Schwächung des Denkmalschutzes zurück. Der bleibt wie auch die Bauaufsicht unter dem Dach des Fachbereiches nun doch eine eigenständige Behörde. „Eine Zurückstufung gibt es nicht“, betonte Klipp.

Wie berichtet, hatte es vorher nach internen Protokollen der Rathausspitze noch weitergehende Pläne gegeben, wonach eine „Unterordnung“ der Denkmalpflege unter die Bauaufsicht vorgesehen war, was aber vom Tisch ist.

Die jetzige Umstrukturierung hat offenbar auch personelle Hintergründe, zu denen sich Klipp nicht äußern wollte. Eine Personalgarantie für den Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse, der seit 20 Jahren in diesem Amt ist, wollte Klipp nicht abgeben. Der für seine Verdienste um die Rettung der Spandauer Altstadt und die Potsdamer Kulturlandschaft im Jahr 2000 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Stadtkonservator ist wegen seines als rüde empfundenen Umgangs mit Bauherren umstritten.

In Potsdam, wo es über 3600 Einzeldenkmäler gibt und mit den Schlossparks große Flächen zum Unesco-Welterbe zählen, gehören Konflikte zwischen Denkmalschutz und Bauinteressen seit 1990 zum Alltag. Dem Potsdamer Denkmalamt war im Zuge der Jauch-Kritik, die eine hochkarätige Kommission unter Vorsitz des Staatsrechtlers Ulrich Battis bestätigte, eine zu rigide, nicht rechtskonforme Praxis attestiert worden. Andererseits gilt die Behörde, wie Battis damals ausdrücklich bestätigte, denkmalfachlich als eine der besten in Brandenburg, wie im Stadtbild Potsdams zu besichtigen. Seit dem Amtsantritt 2009 von Klipp, der nach 1990 kurz grüner Baustadtrat in Prenzlauer Berg war und danach Karriere in der Immobilienbranche machte, hat sich die Kritik eher gewandelt. Zunehmend mehren sich – wie im Streit um den Aufbau der Matrosenstation „Kongsnaes“ an der Glienicker Brücke, aber auch bei der Affäre um zu großzügige Steuerbescheide für Denkmalsanierer – Vorwürfe einer zu einseitigen Ausrichtung auf Investoren- und Bauherreninteressen.

Mit dem Umbau der Bau- und Denkmalverwaltung und dem jetzt geplanten Modell bewegt sich Klipp nach Tagesspiegel-Recherchen auch im deutschen Vergleich im üblichen Rahmen. Ähnliche Strukturen gibt es etwa in den ostdeutschen Landeshauptstädten Erfurt, Schwerin und Magdeburg, wo die Denkmalpflege in der Bauverwaltung angesiedelt ist, aber „auf Augenhöhe“ der Bauaufsicht gegenübersteht. In Köln oder auch in Dresden, traditionell Kulturstädte, gehört der Denkmalschutz zum Kulturressort, wie es bis 2000 auch in Potsdam der Fall war. „Entscheidend“, egal in welcher Struktur, mahnt Sanssouci-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh, „ist, dass die Untere Denkmalschutzbehörde in der Lage bleibt, ihre fachlichen Positionen zu vertreten und dass alles gesetzeskonform geschieht. Verantwortlich ist ohnehin der Oberbürgermeister.“

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