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Brandenburg: Der Fall Schmökel: Der Triebtäter wird nach Nordrhein-Westfalen gebracht - Verfahren gegen Ärzte

Der Gewaltverbrecher Frank Schmökel ist aus der Bautzener Klinik zunächst in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg in Nordrhein-Westfalen verlegt worden. Der 38-Jährige wurde Donnerstagabend mit einem Hubschrauber, bewacht durch Beamte eines sächsischen Spezialeinsatzkommandos (SEK), nach Fröndenberg gebracht.

Der Gewaltverbrecher Frank Schmökel ist aus der Bautzener Klinik zunächst in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg in Nordrhein-Westfalen verlegt worden. Der 38-Jährige wurde Donnerstagabend mit einem Hubschrauber, bewacht durch Beamte eines sächsischen Spezialeinsatzkommandos (SEK), nach Fröndenberg gebracht. In Brandenburg gebe es kein vergleichbares Haftkrankenhaus, in dem Schmökel aufgrund seiner Schussverletzungen behandelt und sicher bewacht werden kann, sagte Gesundheitsminister Alwin Ziel (SPD) zur Begründung. Nach Auskunft des Düsseldorfer Justizministeriums ist Fröndenberg das "modernste Haftkrankenhaus Europas". Es sei hochgesichert und habe 240 Plätze.

Zunächst war geplant, Schmökel im Berliner Haftkrankenhaus Moabit unterzubringen. Berlin habe ein entsprechendes Angebot unterbreitet, teilte Ziel mit. Man habe davon Abstand genommen, weil Schmökel verletzt sei, die dortigen Operationsräume zur Zeit wegen Renovierungsarbeiten aber nicht zur Verfügung stünden. Die sächsische Landesregierung hatte dem Vernehmen nach bereits auf einen zügigen Abtransport des gefährlichen Triebtäters gedrängt und verärgert auf das Kompetenzgerangel in Brandenburg hinsichtlich der künftigen Verwahrung Schmökels reagiert. Ziel hatte zunächst die Zuständigkeit seines Ministeriums bestritten.

Der wegen der "Schmökel-Affäre" massiv unter Druck geratene Sozialminister distanzierte sich am Donnerstag von seinen Äußerungen vom Vortag, nach denen Schmökel als Insasse des Maßregelvollzuges in der Zukunft womöglich wieder mit Freigang rechnen könne. Er bedaure das Missverständniss, hieß es in einer persönlichen Erklärung des Ministers. Ziel schloss nunmehr "völlig aus", dass es für den Sexualstraftäter Schmökel wieder Vollzugslockerungen geben könnte.

Im Brandenburger Maßregelvollzug, in den Schmökel nach seiner Genesung verlegt werden soll, werde für den Gewalttäter ein Raum mit dem Sicherheitsstandard einer Haftzelle eingerichtet, kündigte Ziel an. Er forderte zugleich, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Maßregelvollzug in der Bundesrepublik zu verschärfen. Auch SPD-Landeschef Matthias Platzeck - zugleich Mitglied des SPD-Bundesvorstandes - sprach sich für eine solche bundesweite Initiative aus.

Unklar ist weiterhin, in welche Einrichtung Schmökel künftig in Brandenburg gebracht werden soll. Die für Schmökel zuständige Staatsanwaltschaft Neubrandenburg beantragte beim Landgericht Frankfurt (Oder), Schmökel künftig in einem normalen Gefängnis unterzubringen. Die Neuruppiner Staatsanwaltschaft hat unterdessen Ermittlungsverfahren gegen die drei Gutachter Schmökels wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet. Sie seien für die Einstufung des Triebtäters in die Lockerungsstufe vier verantwortlich. Die Vorermittlungen ließen vermuten, dass diese Einstufung nicht mit "ausreichender Sorgfalt" erfolgt sei. Die Patientenakte gebe "keine befriedigende Antwort", teilte die Behörde mit.

Wegen des jüngsten von Ziel verursachten Eklats herrschte am Donnerstag in Regierung, Koalition und SPD-Spitze Alarmstimmung. SPD-Landeschef Matthias Platzeck, SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch sowie Staatskanzlei-Chef Rainer Speer forderten von Ziel eine öffentliche Klarstellung. Darauf soll auch Ministerpräsident Manfred Stolpe gedrängt haben, der zur Zeit Urlaub auf Fuerte Ventura macht.

Weil das zuständige Gesundheitsministerium keinerlei Vorsorge für die Unterbringung Schmökels nach seiner Festnahme getroffen hatte und eine Unterbringung des Verletzten in einer Haftanstalt erreichen wollte, betrieb Staatskanzleichef Rainer Speer seit Mittwochabend Krisenmanagement: Er telefonierte mit Berlins Regierendem Bürgermeister Diepgen und später mit der Regierung von Nordrhein-Westfalen, die sich zur Aufnahme Schmökels in Fröndenberg bereit erklärte. Noch Donnerstagvormittag war völlig unklar, wohin Schmökel verlegt werden soll, was bei den sächsischen Behörden auf Unverständnis stieß. "In Brandenburg wird weiter überlegt, wo Schmökel untergebracht wird. Bisher konnte uns kein Ort benannt werden, wo er sicher verwahrt und behandelt werden kann", lautete die Auskunft des Dresdner Innenministeriums.

Dass das Sozialministerium völlig unvorbereitet war, löste in Koalitionskreisen neue Verärgerung aus. In der CDU sprach man von der "absoluten Unfähigkeit" Ziels, "die eigene Hoheitspflicht wahrzunehmen." Für die SPD-Fraktion sagte Sprecher Ingo Decker, man sei über die Ziel-Äußerung "irritiert" gewesen. "Wir begrüßen die Klarstellung, die seiner Verantwortung als Minister entspricht. Das ist das richtige Signal." Damit seien die Irritationen vom Vortag hoffentlich ausgeräumt.

Hingegen übte die PDS-Opposition scharfe Kritik. "Der Zeitpunkt ist gekommen, wo Ziel politische Konsequenzen ziehen und zurücktreten muss", sagte der PDS-Landtagsabgeordnete Ralf Christoffers, der für den PDS-Landesvorsitz kandidiert. "Die Regierung hatte genügend Zeit, sich auf die Rückkehr Schmökels vorzubereiten." Ziel sei offensichtlich überfordert, die Affäre zu bewältigen. Christoffers warf Regierungschef Manfred Stolpe und dem SPD-CDU-Regierungsbündnis vor, Ziel nur aus Gründen der "Koalitionsarithmetik" zu halten.

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