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Brandenburg: Der Mauer-Macher

Mann stellte „Original-Teile“ des Grenzwalls her – aus dem Beton einer Kaserne

Von Sandra Dassler

Alt Stahnsdorf - Der Anruf kam nachts. „Gucken Sie doch mal, wer da klopft!“, forderte ein Einwohner aus Alt Stahnsdorf, einem Ortsteil von Storkow, die Beamten der Polizeiwache Fürstenwalde auf. Der Bürger beschwerte sich über ruhestörenden Lärm in einer nahe gelegenen ehemaligen Kaserne.

Als die Polizisten das Gelände erreichten, trafen sie auf einen 36-jährigen Mann, der Betonsegmente mit Farbe besprühte und sie dann zerkleinerte. Auf die Frage, was er da treibe, antwortete der Mann, er wolle die Bruchstücke als Originalteile der Berliner Mauer verkaufen.

Die Polizei forderte den Mann auf, das Gelände zu verlassen, und prüft nun, ob sein Tun strafbar ist. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) käme nur eine Sachbeschädigung oder ein Hausfriedensbruch in Betracht – sofern der Eigentümer der Liegenschaft eine Strafanzeige stellt. Für das ehemalige Militärgelände ist das Bundesvermögensamt in Cottbus zuständig, gestern war dort kein Verantwortlicher zu erreichen.

Immerhin, scherzte ein Polizeimitarbeiter, wisse man nun endlich, warum die Original-Mauerstückchen nie ausgehen. Immerhin würden sie seit 15 Jahren in vielen Variationen in alle Welt verkauft. Nur wenige Anbieter liefern ein Echtheits-Zertifikat gleich mit.

Der späte „Mauerspecht“ von Alt Stahnsdorf geht kein allzu großes Risiko ein. Die Herstellung der Mauerstücken sei eine „straflose Vorbereitungshandlung“, sagt Michael Neff, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder). Selbst wenn man den Mann beim Verkauf erwischen würde, käme maximal eine Verurteilung wegen Betrugs in Frage. Da die Preise für die gefälschten Steine meist bei maximal zehn Euro liegen, sei höchstens mit einer Geldstrafe zu rechnen. Bei der Berliner und der Brandenburger Justiz ist jedoch kein Fall bekannt, bei dem Mauer-Fälschern der Prozess gemacht wurde.

Natürlich könne man das Alter der verkauften Steine relativ schnell bestimmen, sagt der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald. Aber wer so ein Teilchen nun schon einmal erworben habe, der wolle auch daran glauben, dass es echt ist. Und wo kein Kläger, da kein Richter.

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