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Brandenburg: „Der Minister handelte mit krimineller Energie“

Edwin Zimmermann (SPD), Ex-Chef des Agrarressorts, wurde wegen der Backofen-Affäre verurteilt. Er will trotzdem wieder in den Landtag

Potsdam. Wegen Subventionsbetruges und Untreue zum Nachteil des Landes Brandenburg ist Ex- Agrarminister Edwin Zimmermann (SPD) zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung sowie 5000 Euro Geldbuße verurteilt worden. Das Potsdamer Landgericht sah es als erwiesen an, dass der damalige Minister und sein mitangeklagter Referatsleiter Joachim Domeratzky Anträge manipulierten, um 230000 Euro Fördermittel für eine Schaubäckerei auf Zimmermanns Familienhof in Schöna-Kolpin zu erschleichen – vor allem wegen privater Interessen Zimmermanns. Domeratzky wurde zu einer Geldstrafe von 7000 Euro verurteilt. Die Richter bewerteten die Vorgänge um die „Backofen-Affäre“ weit strenger als die Kammer im ersten Prozess. Diese hatte die Angeklagten im Februar 2002 freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil 2003 auf.

„Der Minister hat mit krimineller Energie gehandelt“, sagte Richter Klaus Przybilla. „Es ist gelogen und getäuscht worden. Und Nutznießer war seine Familie.“ Zimmermann, der immer noch SPD-Landtagsabgeordneter ist, will gegen das Urteil in Revison gehen. Er kündigte auch an, dass er sich trotz des Schuldspruchs und 900000 Euro privater Schulden bei der Landtagswahl im September erneut um ein Mandat bewerben will.

„Die öffentliche Hand ist kein Selbstbedienungsladen“, erklärte Richer Przybilla. Auch bei der Schaubäckerei seien öffentliche Gelder des Landes und der EU – „wie manches in Brandenburg“ – in den märkischen Sand gesetzt worden. Ausdrücklich sprach Przybilla von einem „milden Urteil“. Zimmermann sei nur deshalb nicht wegen schweren Subventionsbetrugs verurteilt worden, weil die Vorgänge sieben Jahre zurückliegen und die „Sozialprognose“ günstig sei. Wegen der „Backofen-Affäre“ war Zimmermann 1997 zurückgetreten.

Das Gericht räumte auch mit einer Legende Zimmermanns auf: Es sei bei der Förderung überwiegend um die Schaffung von Arbeitsplätzen gegangen. Vielmehr, so das Gericht, habe die „überdimensioniert großzügige Förderung“ für die Schaubäckerei mehr den Privatinteressen der Zimmermann-Familie gedient als der Vermehrung von Arbeitsplätzen. So sei die aus Fördermitteln bezahlte Computeranlage von der Zimmermann-Familie „vereinnahmt“ worden. Und die Privatisierung der ABM-Maßnahme „Schaubäckerei“ sei entgegen der Darstellung Zimmermanns nicht allein gescheitert, weil die ABM-Beschäftigten sich nicht selbständig machen wollten. Vielmehr habe die Zimmermann-Familie einen von zwei Backöfen, die die Firma Meyerbeck gesponsort hatte, für sich reklamiert, so Przybilla. Mit der Konkurrenz der Zimmermann-Firma im Nacken hätten eine Firma der ABM-Kräfte privatwirtschaftlich nicht überleben können.

Zu Lasten des Ex-Ministers wertete die Kammer auch, dass Zimmermann mit seiner „problematischen Persönlichkeitsstruktur“ – und anders als Domeratzky – bis zuletzt keine Reue gezeigt habe. Vielmehr habe Zimmermann versucht, Zeugen zu beeinflussen und sogar dem toten früheren Fördervereinschef Wolfgang Siegler die Schuld zuzuschieben, dem er die Fälschung einer Unterschrift unterstellte. Siegler hatte sich unmittelbar vor Beginn des ersten Zimmermann-Prozesses das Leben genommen. Zugute hielt das Gericht dem Minister, dass er sich zumindest „teilgeständig“ gezeigt habe.

„Betroffen“ äußerte sich das Gericht, wie willfährig im damaligen Agrarministerium „der Ministerwille im Gegensatz zum Förderrecht vollstreckt worden ist“. Es habe, so Richter Przybilla, nur wenige Aufrechte gegeben, die Bedenken äußerten – wie den Dezernenten des Amtes für Agrarordnung Luckau Winfried Hirsch, der sofort „in Ungnade fiel.“

Die Brandenburger SPD hielt sich zum Urteil bedeckt. Der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion sprach von einer „privatrechtlichen Angelegenheit“. Ob Zimmermann in seinem Wahlkreis aufgestellt wird, entscheide der Unterbezirk am 28. Februar.

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