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Brandenburg: Der Phaeton-Code

Beim Einbruch bei VW verschwanden Sicherheitsdaten. Damit lassen sich Regierungsautos knacken

Von Sandra Dassler

Teltow/Berlin - Der Diebstahl von Laptops mit geheimen Daten aus einem Vertriebszentrum von VW und Audi in Teltow beschäftigt weiter die Behörden. Wie berichtet, hatten Unbekannte in der Nacht zum 21. September tragbare Computer entwendet, auf denen sich Sicherheitscodes von speziell geschützten VW-Luxuslimousinen der Marke Phaeton befinden sollen. Aus Sicherheitskreisen verlautete, mit den gestohlenen Codes könnten nicht nur die elektronischen Wegfahrsperren geknackt, sondern eventuell auch zusätzliche Schutzeinrichtungen überwunden werden.

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) war beispielsweise in einem Phaeton unterwegs. Ein Sprecher des Bundeskanzleramts sah gestern jedoch keine Gefahr für die Kanzlerin: „Ansonsten würden wir reagieren“, sagte er. Der Audi sei nicht betroffen, zur Flotte der Bundeskanzlerin gehörten noch andere Automarken wie BMW oder Mercedes. Nach Tagesspiegel-Informationen betreffen die jetzt gestohlenen Codes keine Fahrzeuge von Bundespolitikern. Es handelt sich um „weniger als zehn“ Autos von Ministerpräsidenten und Innenministern verschiedener Bundesländer.

Ein Sprecher von VW bestätigte lediglich den Einbruch in Teltow, wollte aber unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine weiteren Angaben machen. Aus der Potsdamer Staatsanwaltschaft und dem Landeskriminalamt Brandenburg war auch gestern keine Stellungnahme zu diesen Ermittlungen zu erhalten. Die Beamten hatten den Vorfall der Öffentlichkeit verschwiegen, um die Diebe nicht auf die Brisanz der auf den Laptops befindlichen Daten aufmerksam zu machen. Sie vermuten, dass es sich um „normale kleine Ganoven“ handelt.

Sicherheitsexperten hegen allerdings Zweifel an dieser Version. Wenn jeder normale Dieb ohne weiteres an solche relevanten Daten herankommen könne, stimme etwas nicht, meinen sie. Schließlich seien solche Informationen auch für die wirtschaftliche Konkurrenz interessant – daher müsse das VW-Vertriebszentrum schon im eigenen Interesse besondere Schutzmaßnahmen getroffen haben.

Nach Informationen des Tagesspiegels war das Gebäude in Teltow nach seiner Fertigstellung von einer Bundesbehörde auf seine Sicherheit geprüft worden. Vom Bundeskriminalamt, das für die Sicherheit von Bundespolitikern zuständig ist, war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Ein Sprecher verwies ebenfalls auf die laufenden Ermittlungen. Bislang bestehe kein Anlass zur Besorgnis.

Rein technisch gesehen sei das wohl so, meinen Sicherheitsexperten. So bedürfe es gewisser Spezialkenntnisse, um eine gepanzerte Limousine zu knacken. Jedoch sei der Vorfall bedenklich. Selbst wenn die „kleinen Ganoven“ nicht wussten, was für ein brisantes Material sie ergatterten, seien sie nun durch die Medienberichte darauf aufmerksam geworden.

„Für solche Informationen gibt es einen dankbaren Markt“, sagte ein Experte dem Tagesspiegel. „Der beginnt bei Kriminellen, die Luxusautos stehlen wollen oder Entführungen von Prominenten planen und geht über Industriespione bis hin zu Terroristen. Wenn die Diebe die Laptops mit den Daten noch haben, werden sie dafür Abnehmer finden.“

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