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Brandenburg: Der Stadtschloßcoup

POTSDAM .Verkehrte Welt: Politische Gegner loben, die eigenen Genossen tadeln ihn.

POTSDAM .Verkehrte Welt: Politische Gegner loben, die eigenen Genossen tadeln ihn.Die Rede ist von Noch-Umweltminister und Bald-Oberbürgermeister Matthias Platzeck, der mit einem gar nicht so neuen Vorschlag für Verwirbelungen sorgte: Der Landtag, derzeit nicht sonderlich schick in der alten Reichskriegsschule auf dem Brauhausberg untergebracht, könnte ins wiederaufzubauende Stadtschloß am Alten Markt ziehen.SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler reagierte brüsk: Der Standort Stadtschloß stehe für die Fraktion nicht zur Debatte.Er hätte auch keine Lust, so der Uckermärker, in einem Schloß zu sitzen.Landtagspräsident Herbert Knoblich, ebenfalls SPD, hieb gestern in die gleiche Kerbe: Das Schloß sei als Landtagssitz ungeeignet, Platzecks Vorstoß nicht durchdacht.Hingegen begrüßte CDU-Oberbürgermeisterkandidat Wieland Niekisch, daß Platzeck dem von Birthler und Knoblich favorisierten Standort für den geplanten Neubau in der Speicherstadt eine Absage erteilt habe.

In der SPD rätselt man, was Platzeck bewogen haben könnte, die bisherige Linie zu verlassen.Da der Wiederaufbau des Stadtschlosses viele Gegner in Potsdam habe, könnte ihm das bei der OB-Wahl Stimmen kosten, orakeln SPD-Genossen.Platzeck hält entgegen: "Seit Wochen gibt es im Potsdamer Kommunalwahl-Kampf kein anderes Thema als das Potsdam-Center." Es müsse auch etwas anderes diskutiert werden, zum Beispiel, was aus der Mitte werden soll.Im übrigen könne er nicht jedem nach dem Munde reden.Den Vorwurf eines ZickzackKurses wies Platzeck zurück: Er habe schon vor Jahren für die Stadtschloß-Lösung plädiert.Als der Landtag zwei andere Varianten favorisiert habe, Umbau des jetzigen Provisoriums oder Neubau in der Speicherstadt, habe er die letztere als die bessere angesehen.Doch sei durch Vertagung der Entscheidung und Anforderung eines neuen Gutachtens die Diskussion vom Landtag selbst wieder eröffnet worden."Da ist es legitim, neue Überlegungen einzubringen."

Das Ergänzungsgutachten des Berliner Architekturbüros Fissler liegt inzwischen vor: Es empfiehlt wiederum einen Neubau in der Speicherstadt, weil ein An- und Umbau des jetzigen Gebäudes nicht nur sehr teuer, sondern auch funktional unbefriedigend wäre.Allerdings ist die Stadtschloß-Variante nicht untersucht worden.Aus Kreisen der Landesregierung hieß es, daß ein Neubau in der Speicherstadt unter Einbeziehung der historischen Gebäude - die Gutachter beziffern die Kosten auf 175 Millionen Mark - derzeit nicht zu finanzieren sei.Vor diesem Hintergrund habe die Idee, sich die Option Stadtschloß für die Zukunft offenzuhalten, durchaus ihren Reiz.Dies sei auch mit Blick auf eine mögliche Fusion mit Berlin nach dem Jahr 2000 sinnvoll.Bis zur Entscheidung, meint man auch im Finanzministerium, könne der jetzige Landtag in einer Billig-Variante saniert werden.

MICHAEL MARA

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