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Brandenburg: Designierter OB Platzeck wirbelt in Potsdam auch ohne goldene Amtskette

POTSDAM .Matthias Platzeck hat noch nicht das Zepter in der alten Residenzstadt Potsdam übernommen, inoffiziell nimmt der Noch-Umweltminister aber längst Aufgaben des Oberbürgermeisters wahr.

POTSDAM .Matthias Platzeck hat noch nicht das Zepter in der alten Residenzstadt Potsdam übernommen, inoffiziell nimmt der Noch-Umweltminister aber längst Aufgaben des Oberbürgermeisters wahr.Er steht unter hohem Erwartungsdruck, denn er muß nach der langen Stagnationsphase schnell Erfolge vorweisen - und er versucht, den Boden dafür zu bereiten.Dabei kommen Platzeck Ereignisse entgegen, die Potsdam über die Grenzen Brandenburgs hinaus ins öffentliche Blickfeld rücken werden: Am 30.November und 1.Dezember findet nach seinen eigenen Angaben der erste deutsch-französische Gipfel nach dem Machtwechsel am Rhein in Potsdam statt.Für Platzeck eine folgerichtige Entscheidung: "Potsdam ist für mich auf Grund seiner Geschichte die französischste Stadt Deutschlands." Am 3.und 4.Dezember folgt die Ministerpräsidentenkonferenz.Der dann wahrscheinlich gekürte OB wird die Gattinnen der deutschen Regierungschefs persönlich und medienwirksam durch Potsdam führen.

Warum ist Platzeck eigentlich noch immer OB in Wartestellung? Die Bundesrepublik hat seit gestern einen neuen Kanzler, die brandenburgische Landeshauptstadt wartet nach wie vor auf die Inthronisation ihres künftigen Herrschers.Dabei haben die Potsdamer den "Deichgrafen" bereits am 27.September mit knapper Zwei-Drittel-Mehrheit für acht Jahre zum Chef der seit 17.Mai führungslosen Stadtregierung gewählt.Daß es in Bonn schneller funktionierte, liegt an den unterschiedlichen Wahlen und der unterschiedlichen Gesetzgebung.Nach den brandenburgischen Vorschriften könnte der direkt gewählte Platzeck sein Amt eigentlich heute antreten: Die Einspruchsfrist von einem Monat ist am 28.Oktober verstrichen.

Daß noch eine weitere Woche vergehen wird, bis der Hoffnungsträger ins Rathaus einziehen kann, liegt an einem Einspruch: Platzeck-Herausforderer Markus Wilhelmi, der schon im Vorfeld der Wahl zum Oberbürgermeister mangels fehlender Unterschriften zur Unterstützung gescheitert war, hat der kommunalen Wahlbehörde Behinderungen vorgeworfen.Theoretisch ist es also denkbar, daß Platzeck sein Amt gar nicht antreten kann und die Wahl wiederholt werden muß.Doch damit wird nicht gerechnet, da der Landeswahlausschuß den Einspruch bereits abgewiesen hat.Aber weil alles seine Ordnung haben muß, hat die Stadtverordnetenversammlung am Dienstag auf ihrer konstituierenden Sitzung einen Wahlprüfungsausschuß gebildet, der den Sachverhalt untersuchen und eine Empfehlung geben soll.Die Stadtverordneten werden auf einer Sondersitzung am 2.November darüber befinden.Zwei Tage später soll Platzeck dann im Alten Rathaus feierlich die Amtskette umgelegt werden.

Für Platzeck kommt es - die Stadt ist seit der Abwahl Gramlichs am 17.Mai führungslos - nun auf eine Woche mehr oder weniger auch nicht mehr an.Außerdem wirbelt er vor und hinter den Kulissen: Am letzten Sonnabend zum Beispiel eröffnete er gleich vier nationale und internationale Veranstaltungen in Potsdam.Platzeck: "Ich nehme an allen Veranstaltungen teil, zu denen ich eingeladen werde." Er war auch Schirmherr des ersten Potsdamer Modeballs, der ihn so begeistert hat, daß er Potsdam gern zur Ballstadt machen möchte.

Um möglichst wenig Zeit bei der Lösung drängender Probleme zu verlieren, führt er inoffiziell viele heikle Gespräche: Vor ein paar Tagen verhandelte er in Essen mit dem Karstadt-Vorstand über das geschlossene Kaufhaus in der Fußgängerzone Brandenburger Straße.Die Erfolgsnachricht "Karstadt kommt" brachte er nicht mit: Es sei schwierig.Es folgt ein Gespräch mit den Investoren des umstrittenen Potsdam-Centers, dessen Verkaufsflächen nach dem Willen der Stadt begrenzt werden sollen.

MICHAEL MARA

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