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Deutsche Bahn: 16-Jährige aus dem Zug gewiesen

UPDATE Weil einer Schülerin zwei Euro für die Fahrkarte fehlten, hat eine Schaffnerin der Deutschen Bahn die 16-Jährige bei eisiger Kälte auf dem bereits geschlossenen Bahnhof in Königs Wusterhausen zurückgelassen.

Ausgerechnet in der bisher kältesten Nacht dieses Jahres hat eine Schaffnerin eine 16-Jährige des Zuges verwiesen, die ihr Ticket nicht komplett bezahlen konnte. Die Schülerin war am Dienstagabend im Regionalzug auf dem Rückweg aus Berlin nach Groß Köris, als die Schaffnerin 7,10 Euro von ihr verlangte – zwei Euro mehr, als das Mädchen auf der Hinfahrt bezahlt hatte. Der Zuschlag wurde für den Fahrscheinkauf im Zug fällig, der bei der Deutschen Bahn im Gegensatz zu deren privaten Konkurrenten extra kostet. Unter Tränen bot die Schülerin der Zugbegleiterin die 5,30 Euro an, die sie dabei hatte. Es half nichts, die Schaffnerin warf das Mädchen am bereits geschlossenen Bahnhof Königs Wusterhausen hinaus, zwei Stationen und knapp 20 Kilometer von Groß Köris entfernt. Bei etwa minus 18 Grad wartete die Schülerin eine Stunde, bis sie abgeholt wurde.

Mit ihrem Verhalten hat die Zugbegleiterin so ziemlich alles falsch gemacht, was sich falsch machen ließ: Nach Auskunft eines Bahnsprechers gebe es eine klare, auch in Schulungen besprochene Richtlinie, Minderjährige nicht wegen eines fehlenden Tickets aus dem Zug zu setzen. Zudem habe jeder Zugbegleiter ein Diensthandy, mit dem sich beispielsweise die Kontaktdaten des Mädchens durch einen Anruf bei ihrer Mutter hätten klären lassen. Über die Adresse hätte sich auch das fehlende Fahrgeld problemlos nachfordern lassen können. „Sehr betroffen“ sei man über den Vorfall, sagte ein Bahnsprecher. Das Unternehmen bemüht sich um Schadensbegrenzung: Man habe „unverzüglich“ Kontakt mit der Mutter des Mädchens aufgenommen und um Entschuldigung gebeten, zudem bemühe man sich um ein persönliches Treffen mit der Familie. Die Zugbegleiterin, eine langjährige Mitarbeiterin, müsse mit dienstrechtlichen Konsequenzen – etwa einer Abmahnung – rechnen. Immerhin habe sie ihren Fehler „nicht nur eingesehen, sondern bedauert ihn aufrichtig“.

Fürs Image der Bahn ist der von der „Märkischen Allgemeinen“ publik gemachte Fall ein Desaster. Karl-Peter Naumann, der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sagte dem Tagesspiegel, dass das Thema nach ähnlichen Fällen 2008 bahnintern breit diskutiert worden und deshalb allgemein bekannt gewesen sei. Die Zugbegleiterin „muss also eine absolut unbelehrbare Person sein“. Die Versetzung auf eine Arbeitsstelle ohne Kundenkontakt sei zwingend notwendig, denn „solche Leute kann man nicht auf die Menschheit loslassen“.

2008 war die Bahn wegen ähnlicher Vorfälle gleich mehrfach in die Schlagzeilen geraten: Im Oktober setzte eine Zugbegleiterin bei Rostock eine Zwölfjährige samt Cello vor die Zugtür, weil diese Geld und Fahrkarte vergessen hatte. Und das, obwohl ein Mitreisender angeboten hatte, das Ticket zu bezahlen. Das Kind wanderte mit dem schweren Instrument fünf Kilometer nach Hause. Keine drei Wochen später traf es eine 13-Jährige, die von ihrer Schule in Heiligengrabe auf dem Heimweg nach Neuruppin war. In Wittstock musste sie aussteigen; ein Taxifahrer nahm sich des verstörten Kindes an und fuhr es die 40 Kilometer bis nach Hause. Die Erklärungen der Bahn nach jenen Vorfällen ähnelten der aktuellen. Anders war nur das Wetter: Diesmal war es rund 20 Grad kälter.

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