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Brandenburg: Die große Dürre

In Brandenburg fließen Flüsse nicht mehr, brennen Wälder, vertrocknen die Pflanzen auf den Feldern

Potsdam - Nach sieben Wochen Trockenheit bei fast tropischen Temperaturen nimmt Brandenburg immer mehr Züge eines Steppenlandes an. Auf Wiesen und Weiden dominieren braune Flecken ohne Grün, Blätter welken, kleine Flüsse und Tümpel trocknen aus, die Ernte verdorrt, Wald- und Feldbrände sind nur unter größtem Kräfteeinsatz zu beherrschen, und selbst große Flüsse können an den meisten Stellen zu Fuß durchquert werden. Eine Bilanz der Dürre.

Kaum Niederschlag. Seit Pfingsten gelangten nur wenige Regenwolken über die Elbe. Gewitter entluden sich, wenn überhaupt, überwiegend nur in Berlin und Potsdam. Vor allem die Lausitz zwischen Cottbus und Senftenberg muss fast ohne Regen auskommen: Hier fielen in den vergangenen vier Wochen nur zwei Liter pro Quadratmeter, in Berlin waren es dank der Gewitter 55 Liter. Seit Jahresanfang ist im Brandenburger Durchschnitt nicht einmal die Hälfte der üblichen Regenmenge gefallen.

Nichts fließt. Die Spree unterhalb des Spreewaldes kam am vergangenen Wochenende kurzzeitig zum Stillstand. Da die für die Säuberung des Wassers unerlässlichen Muscheln massenhaft abzusterben drohten, wurden die Schleusentore der Talsperre Spremberg am Montag weiter als üblich geöffnet. Spätestens nach einer Woche wird dieses Wasserreservoir jedoch aufgebraucht sein. Die Oder zeigt in Frankfurt einen Pegel von einem Meter – 82 Zentimeter unter normal. Seit Tagen sitzt bei Lebus ein polnischer Frachtkahn auf einer Sandbank fest. Auch die Elbe kann nur noch stark eingeschränkt von Frachtschiffen befahren werden. Der Pegel in Wittenberge steht bei 1,44 Metern – zwei Meter unter dem üblichen Maß. Der Havel zwischen der Stadt Brandenburg und Rathenow floss sogar bereits zweimal innerhalb einer Woche rückwärts, weil ihr zu viel Wasser für den Elbe-Havel-Kanal entnommen wurde. Die Schwarze Elster ist schon seit Tagen ausgetrocknet.

Flutungsstopp. Für die in den ehemaligen Tagebaugruben der Lausitz entstehende riesige Seenlandschaft wird dringend Wasser aus der Spree, der Neiße und der Schwarzen Elster gebraucht. Das nach oben drängende Grundwasser füllt zwar die riesigen Gruben, doch es enthält so viel gelöste Mineralien, dass es sauer und zum Baden nicht geeignet ist. Deshalb muss Flusswasser die Seen neutralisieren. Doch seit Wochen können die drei Flüsse nicht angezapft werden, weil sie ohnehin schon so wenig Wasser führen.

Missernte. Bauern rechnen mit Ertragseinbußen bei Getreide von bis zu 50 Prozent. Milchbauern können kaum Futter für den Herbst und den Winter einlagern, weil auf vertrockneten Weiden fast nichts mehr wächst. Normalerweise wird in Brandenburg auf den Weiden dreimal im Jahr Grünfutter geschnitten. Doch schon der zweite Schnitt ist jetzt vielerorts ein Problem. Immerhin genehmigte die EU jetzt, dass die so genannten Stilllegungsflächen bereits jetzt abgeerntet werden dürfen und nicht erst Ende August. Bis dahin, so fürchteten die Bauern, wären die Pfanzen dort verdorrt.

Waldbrände. Es gab bis jetzt bereits so viele Waldbrände wie im gesamten vergangenen Jahr. Das Agrarministerium zählte rund 110 Brände, die 175 Hektar Wald vernichteten. Im gesamten Land gilt die höchste Waldbrandwarnstufe 4. In dem an den nördlichen Berliner Stadtrand grenzenden Landkreis Barnim und im Kreis Spree-Neiße zwischen Spreewald und der östlichen Lausitz dürfen Wälder mit Ausnahme von Badestellen und Campingplätzen nicht betreten werden.

Ozon. An mehreren Tagen wurde bereits eine so hohe Ozon-Konzentration gemessen, dass die Behörden vor Gesundheitsrisiken bei längeren körperlichen Anstrengungen warnten. So zeigten die Messgeräte in Bernau am 20. Juli 216 Mikrogramm Ozon je Kubikmeter Luft an, der Grenzwert liegt bei 180 Mikrogramm. Viele Menschen klagten über Kopfschmerzen und Mattigkeit. Neben Bernau sind vor allem Schwedt, Eisenhüttenstadt, Spremberg und Potsdam betroffen.

Waldschäden. Vielerorts befürchten die Förster große Schäden bei den Bäumen. Vor allem noch junge, bis zu fünf Jahre alte Bäume vertrocknen von unten und werden von oben durch die Sonne verbrannt. Betroffen sind sowohl Kiefern als auch Laubbäume. Von Totalverlusten ist vor allem rund in den Wäldern rund um Briesen zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) die Rede. Hier fielen seit Anfang April nur 66 Liter Regen pro Quadratmeter – normal wären 200 Liter.

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